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Von Büroleerstand kann keine Rede sein. Die Quote ist deutschlandweit mit Blick auf die größten Städte auf 5,9 Prozent gesunken.

©  Kai-Uwe Heinrich

Prognosen für 2017: "Immer noch kein Bauboom"

Immobilienanalysten sehen in Deutschland keine Blase – und beobachten mit Sorgen die Wahlen in Europa.

Trotz vieler politischer Unsicherheiten: Deutschland bleibt auch 2017 ein „sicherer Hafen“, der Immobilienboom geht weiter. Das jedenfalls prognostizierten die Immobilienberater von Jones Lang LaSalle (JLL) und die LaSalle Investment Management in dieser Woche in Berlin für das kommende Jahr. „Einiges spricht dafür, dass die Hochphase der Immobilienkonjunktur in Deutschland noch einige Zeit anhalten wird. Das historisch in Deutschland noch nie dagewesene Interesse an Immobilien wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit fortsetzen,“ sagte Claus Thomas, Deutschlandchef von LaSalle. Allerdings: Die anstehenden Wahlen in Europa könnten das filigrane gesamtgesellschaftliche Gefüge zerstören und erhebliche Schwankungen auf den Kapitalmärkten verursachen.

„Es wurde noch nie so viel über Politik diskutiert in der Immobilienwirtschaft wie in diesem Jahr“, sagte Frank Pörschke, seit 2012 CEO Germany von JLL, mit Blick auf Entwicklungen in der Türkei und in Großbritannien: „Außer verunsichert zu sein, wissen wir wenig.“ Wer glaube, man habe in Griechenland das Gröbste hinter sich, irre gewaltig. „In Europa entwickelt sich der Staatshaushalt nur in Deutschland positiv,“ sagte Pörschke.

In London geht die Nachfrage nach Büroflächen stark zurück

Die Analysten rechnen indes damit, dass Großbritannien auch 2017 ein relevanter Zielmarkt für einheimische und globale Immobilien-Investoren bleiben wird „Wir gehen davon aus, dass London weiterhin eine globale Anziehungskraft hat“, sagte Hela Hinrichs, Researcherin bei JLL. Die Stadt an der Themse liege weltweit noch auf Platz 2, wenn es um direkte gewerbliche Immobilieninvestitonen gehe – das Transaktionsvolumen liegt im laufenden Jahr bei 17,3 Milliarden US-Dollar (im Vergleich zu New York auf Platz Eins mit 33,1 Milliarden US-Dollar). Zwar nehme der Leerstand zu, doch liege das daran, dass viel gebaut werde. Insgesamt sei das Angebot immer noch viel zu gering.

Im Zuge des Neubaubooms bei Gewerbeimmobilien gehen viele Mieter in London dazu über, bei den Anmietungen von Büros kürzere Laufzeiten zu vereinbaren, sagte Hinrichs. Die Aussicht auf möglichersweise besser geeignete und besser ausgestattete Büroräume drücke die Anmietungszeiträume meist auf fünf Jahre anstelle der meist üblichen zehn Jahre. Gelegentlich würden auch fünf Jahre mit einer Option auf weitere fünf Jahre vereinbart. Außerdem gebe es mehr Ausstiegsklauseln, ergänzte JLL-Chefresearcher Helge Scheunemann.

Die Büroflächennachfrage geht in der Metropole London – trotz der Attraktivität des Standortes für Anleger – stark zurück, so JLL: In den ersten drei Quartalen 2016 sei hier gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr ein Minus von 28 Prozent zu konstatieren.

Anlegern raten die Analysten von LaSalle, in den Miet-Wohnbausektor in Großbritannien zu investieren. Er werde vor dem Hintergrund des chronischen Unterangebots an Wohnraum in vielen Teilen des Landes einer der klaren Gewinner in den kommenden Jahren sein.

Der deutsche Einzelhandel bleibt für internationale Filialisten attraktiv

Eine Immobilienblase sieht das Beratungsunternehmen in Deutschland nicht. „Wir haben immer noch keinen Bauboom“, sagte Scheunemann und der sei immer ein Kennzeichen einer Blase. Auch ein anderes Kriterium werde nicht erfüllt: „Die Verbindlichkeiten der privaten Haushalte in Deutschland sind deutlich rückläufig.“ Der deutsche Immobilienmarkt bewege sich auf einem stabilen Fundament, sagte der JLL-Mann weiter: Bei den Büroflächen sei die niedrigste Leerstandquote seit 2002 festgestellt worden (5,9 Prozent), gleichzeitig gebe es hier ein Umsatzvolumen auf Rekordniveau und der Teilmarkt lasse sich damit durch steigende Mieten infolge hoher Nachfragen charakterisieren.

Im Einzelhandel sei insgesamt eine Konsolidierung der Mieten auf hohem Niveau zu konstatieren. Die Umsätze würden in Deutschland zulegen. Und: Der deutsche Einzelhandel bleibt für internationale Filialisten attraktiv. Mehr als 30 Labels vollzogen mit ihren Geschäften den Eintritt in den deutschen Markt.

Nach sechs Anstiegen in Folge (2010-2015) mit einem Rekordvolumen im vergangenen Jahr wird das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarkt in diesem Jahr die 50-Milliarden-Euro wohl nicht mehr erreichen, glaubt JLL zu wissen. Zwar bleibe das historisch niedrige Zinsniveau nach wie vor eine Triebfeder für den enormen Anlagebedarf sämtlicher institutioneller Investoren. Doch sie alle eint ein Problem: Es gibt zu wenige Angebote.

Im Ausblick auf 2017 glaubt JLL, eines der weltweit größten Dienstleistungs-, Beratungs- und Investment-Management-Unternehmen im Immobilienbereich, an ein positives Szenario: Es sei mit Wirtschaftswachstum in China und in der Eurozone zu rechnen, die Zinsen blieben niedrig, die Inflation steige leicht an, die Flächennachfrage steige, die Mieten stiegen stärker und Immobilien als Investmentprodukte (Betongold) gewönnen weiter an Attraktivität – während die Renditen weiter sinken könnten.

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