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Unter dem Hammer: Drei Mal auf Holz geklopft

Im Juni werden sieben originale Mauersegmente auf den Markt geworfen.

OBJEKT

Winkelstützelement, Typ UL 12.41

MINDESTANGEBOT

2000 Euro

GRUNDFLÄCHE

3,6 x 1,2 m

BAUJAHR

unbekannt

Auch annähernd zwanzig Jahre nach dem Fall der Mauer kommen immer noch einzelne Bestandteile unter den Hammer. Die „Westdeutsche Grundstücksauktionen AG“ will am 8. Juni zum ersten Mal in Westdeutschland und zum ersten Mal außerhalb Berlins Teile des „antifaschistischen Schutzwalls“ meistbietend veräußern.

„Die ,Wessis’, die haben großes Interesse daran“, hat Hans Peter Plettner, Vorstand der Deutschen Grundstücksauktionen AG – mit Sitz in Berlin – erkannt. „Deshalb gehen wir jetzt nach Köln.“ Vergleichbare Bemühungen in den neuen Bundesländern seien auf geringes Interesse gestoßen. In der Kölner Niederlassung werden drei „Winkelstützelemente“ aufgerufen. Alles Originalteile von der vordersten Front, so Plettner: „Teile aus der Hintermauer der Grenze halten wir nicht wirklich für original.“

Die Grenztruppen der nationalen Volksarmee der DDR (NVA) hatten im Frühjahr 1990 begonnen, Mauerteile – unter anderen in Berlins Mitte abzureißen – und zum Verkauf auszuschreiben. Die aufrechten 2,8-Tonnen-Teile, die nun in Köln zur Diskussion stehen (Typenbezeichnung UL 12.41), stammen von einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) in Mecklenburg-Vorpommern. Diese hatte im April 1990 den Transport von zirka 200 Mauerteilen organisiert. Die LPG brauchte Teile für ein Bauvorhaben, einzelne konnten „gerettet“ werden, wie es im Katalog der Kölner Auktion heißt. Alles ging damals mit rechten Dingen zu – Lieferschein und Kaufvertrag anbei.

Nur die Bemalung ist nicht ganz echt. „Es gibt ein Buch von Heinz J. Kuzdas, in dem die Berliner Mauer-Kunst mit vielen Fotos festgehalten ist – daran haben wir uns orientiert“, sagt Plettner, der alle Restexemplare der Auflage aufgekauft hat: „Das Buch gibt es nicht mehr.“ Aber es gibt – Gott-sei-Dank – noch Mauersegmente, die in kleinen Chargen auf den Markt geworfen werden. „Wir versteigern auf jeder Auktion drei bis vier Mauerteile.“ Schließlich soll nun auch der private und halb private Markt bekommen, wonach er verlangt. In den vergangenen Jahren wurden noch Mauersegmente der Oberfinanzdirektion versteigert. Doch nun sind die LPG-Teile dran – nachdem das britische und das spanische Königshaus versorgt sind und auch auf dem Marktplatz in Modena (Italien) stumme Zeitzeugen aus Deutschland aufgestellt wurden. Die Spur der Steine führt inzwischen bis nach San Diego und Los Angeles.

Einmal abgesehen vom Wind der Freiheit, den die Mauersegmente umwehen, ihrer prächtigen Bemalung und der auf Dauer ausgelegten Bauweise, haben sie einen Vorzug, den manche andere Immobilie nicht hat: „So ein Ding steckt man sich einfach in die Tasche, das sind ja keine Größenordnungen“, sagt Plettner und meint die finanziellen Begleitumstände. Bei 2000 Euro soll es im Juni in Köln losgehen. Potentielle Käufer müssen natürlich auch noch mit dem Transport rechnen: Der Ersteher verpflichtet sich nämlich, sein Segment „innerhalb von sechs Wochen nach Zuschlag“ auf seine Kosten vom Lagerstandort in der Nähe von 17 087 Altentreptow (Mecklenburg-Vorpommern) abzuholen. Von Besichtigungen auf eigene Faust ist allerdings abzusehen: Termine sind mit dem Auktionshaus abzustimmen.

Eignen sich Stahlbetonteile als Kapitalanlage? „Auf jeden Fall“, sagt Plettner und der Blick in das Tagesspiegel-Archiv gibt ihm recht. Vor fünf Jahren lag das Mindestgebot noch bei 1000 Euro. Zur Aufwertung der Raritäten haben auch unseriöse Mauerspechte beigetragen. „Sie glauben gar nicht, wie viel Schund da auf dem Markt ist.“ Teile der authentischen Mauer sind längst keine Massenware mehr. Die aktuellen 22 Zentimeter dicken Auktionsstücke sind aber original – und nach der Verzierung mit Graffiti auch originell. „Vieles hängt von der Bemalung ab“, hat Auktionator Hans Peter Plettner beobachtet. Aus dem Stand könnte er noch ein gutes Dutzend auf den Markt werfen und damit so manche Lücke füllen. Die Mauersegmente sind als Wahrzeichen inzwischen so bekannt wie der Berliner Bär. Bis zu 5000 Euro sind schon für einzelne Segmente bezahlt worden. Dieser Preis gilt allerdings unter Kennern als grenzwertig.

Eine weitere LPG-Ladung mit vier originalen DDR-Mauerelementen wird am Donnerstag, 25. Juni, zwischen 12 und 16 Uhr im Rathaus Schöneberg versteigert.

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