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Mehrfamilienhäuser, wie hier an der Möllendorffstraße in Lichtenberg, werden in Deutschland vermehrt gebaut.

© euroluftbild.de/Robert Grahn

Wohnungsbau: Aufholjagd bei Neubau hält an

Bauwirtschaft erwartet 2014 Wachstumsplus von 2,5 Prozent. Handlungsbedarf sehen Mitgliedsunternehmen der Bundesvereinigung Bauwirtschaft vor allem bei der Schaffung altersgerechten Wohnraums.

Angekurbelt vom Wohnungsbau erwartet die Bauwirtschaft ein starkes Jahr 2014. Sie prognostiziert ein Umsatzwachstum von 2,5 Prozent auf 216 Milliarden Euro. Auch im Ausbaugewerbe – dazu zählen etwa Maler, Metallbauer und Raumausstatter – dürften die Umsätze um zwei Prozent zulegen. Für die Sparte Energie- und Gebäudetechnik peilen die Verbände ein Plus von drei Prozent an.

Trotz der Aufholjagd und anziehender Aufträge werde 2013 nur eine schwarze Null erreicht, sagte der Präsident des mittelständischen ZDB, Hans-Hartwig Loewenstein. Im laufenden Jahr schafft die Branche ihr ursprünglich geplantes Umsatzwachstum von zwei Prozent nicht mehr. Als Grund dafür nannten die Verbände den langen Winter, Dauerregen und das Hochwasser in Süd- und Ostdeutschland. Gleichwohl haben die Auftragseingänge ein Niveau erreicht wie zuletzt zur Jahrtausendwende.

„Die Zahl der Arbeitsplätze wird insgesamt bei knapp 2,5 Millionen stabil bleiben“, sagte der Vorsitzende der Bundesvereinigung Bauwirtschaft, Karl-Heinz Schneider, in dieser Woche in Berlin. Die Vereinigung ist der Dachverband aller Baugewerbe und verwandten Dienstleistungen. In der abgelaufenen Legislaturperiode habe der Wohnungsbau eine Trendumkehr verzeichnet, so Schneider weiter: Bis zum Jahr 2009 waren die Fertigstellungen im Wohnungsbau um 40 Prozent gegenüber dem Stand von 2006 eingebrochen. Nur noch 137 000 Wohnungen kamen auf den Markt. Nach Durchschreiten dieser Talsohle sei die Anzahl der Baufertigstellungen seit 2011 wieder kontinuierlich angestiegen. Blicke man aber auf die gesamte Legislaturperiode zurück, so seien in den Jahren 2009 bis 2013 insgesamt rund 300 000 Wohnungen zu wenig gebaut worden, ein Rückstand, der nun aufgeholt werden muss.

Die Frühindikatoren deuteten weiterhin auf eine weiter dynamische Entwicklung im Wohnungsbau, sagte Loewenstein weiter. Auch die öffentliche Hand vergibt wieder mehr Aufträge, die verbesserte Einnahmesituation bei den öffentlichen Haushalten stützt das Investitionsgeschehen. Der Wert der Baugenehmigungen liege derzeit um elf Prozent über Vorjahresniveau, sagte Schneider. Im Neubau seien in diesem Jahr bis September knapp 20 000 Wohnungen mehr genehmigt worden als im Vorjahreszeitraum, die meisten davon sollen in Mehrfamilienhäusern entstehen (plus 17 000 Wohnungen). Das spiegele den großen Bedarf an Wohnungen in den Ballungsgebieten wider, sagte Loewenstein.

2,5 Millionen barrierefreie Wohnungen fehlen

Und der Wohnungsneubau in diesem Segment hat auch mit der Krise der Finanzmärkte zu tun: Investoren greifen nach dem „Betongold“. Mit dem Bau von Mehrfamilienhäusern korrespondiert die Umsatzentwicklung in Baubetrieben: Es sind vor allem die mit 20 Beschäftigten und mehr, die vergleichsweise gute Geschäfte machen. Allerdings könne der freie Wohnungsmarkt das Angebotsdefizit nicht von sich heraus verbessern. Das Verhältnis zwischen Baukosten und dem Mietertrag aus mittleren und niedrigen Einkommen sei nicht rentabel. Die Politik habe hier „durch mangelnde Baulandbereitstellung, massive Erhöhung der Grunderwerbsteuer, Streichung der degressiven Afa und Verschärfung der EnEV-Vorschriften ihren eigenen Beitrag zu dieser Entwicklung geleistet“, kritisierte Loewenstein.

Die Verbände rechnen damit, dass in diesem Jahr die Zahl der fertiggestellten Wohnungen um rund 15 Prozent auf etwa 230 000 deutlich steigt. „Das sind immer noch 20 000 zu wenig“, betonte Schneider. Denn vor allem in Ballungsgebieten sei der Bedarf nach preiswertem Wohnraum für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen noch groß. Um die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum für Menschen mit niedrigen Einkommen zu befriedigen, seien die Bundesländer in der Pflicht: Der Bund überweise jährlich 518 Millionen an die Länder zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus, nur leider ohne Zweckbindung, so Loewenstein.

Die Branche lehnt die von Union und SPD geplante „Mietpreisbremse“ ab, da diese notwendige Investitionen verhindern würde.

Großen Handlungsbedarf sehen die 300 000 Mitgliedsunternehmen der Bundesvereinigung Bauwirtschaft bei der Schaffung altersgerechten Wohnraums. Es werde damit gerechnet, dass im Jahr 2050 rund zehn Millionen Menschen in Deutschland leben werden, die achtzig Jahre und älter sind, sagte Loewenstein: „Wenn allein nur für Menschen mit Bewegungseinschränkungen entsprechende Wohnungsangebote zur Verfügung gestellt werden sollen, muss nach der aktuellen Studie das Angebot um das Vier- bis Fünffache ausgeweitet werden.“ Dies entspreche einem zusätzlichen Bedarf von zirka 2,5 Millionen barrierefreien beziehungsweise barrierereduzierten Wohnungen. Union und SPD hatten sich am Mittwoch darauf verständigt, zur Förderung des generationengerechten Umbaus ein neues Programm „Altersgerecht Umbauen“ aufzulegen, „mit Investitionszuschüssen aus(zu)statten und damit das bestehende KfW-Darlehensprogramm (zu) ergänzen“. Konkrete Summen waren im Koalitionspapier dazu noch nicht genannt worden. (mit dpa und Reuters)

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