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Ungemütlich sind die Umstände für Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein schon lange. Inzwischen wird auch nicht mehr ausgeschlossen, dass der Investmentbanker in den kommenden Monaten seinen Posten räumen muss. Vor Gericht wird er indes kaum landen.

© dpa

Investmentbank: Neuer Ärger für Goldman Sachs

Nach der Rekordbuße in den USA ermitteln nun britische Behörden gegen die umstrittene amerikanische Investmentbank. Berlins Finanzsenator Nußbaum fordert eine höhere Strafe für Goldman Sachs.

Berlin/New York - Trotz der Einigung mit der US-Börsenaufsicht SEC steht der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs weiter Ärger ins Haus. Vor allem in Großbritannien wird im sogenannten Abacus-Skandal gegen die Bank ermittelt. Die britische Finanzaufsicht FSA will ihre Ermittlungen fortsetzen und zu Ende führen, heißt es in Finanzkreisen. In dem Verfahren geht es um ein komplexes Finanzprodukt namens Abacus, das unter anderem eine Tochtergesellschaft der deutschen Mittelstandsbank IKB gekauft hatte.

Kern des Skandals: Goldman hatte den Anlegern wichtige Informationen über dieses Produkt vorenthalten. So war bei dessen Zusammenstellung ein Hedge- Fonds-Manager beteiligt, der zugleich gegen Abacus wettete. Goldman Sachs räumte ein, dass der Verkaufsprospekt „unvollständige Informationen“ enthalten hatte. Dafür zahlt die Bank, wie berichtet, in den USA eine Rekordbuße von 550 Millionen Dollar, von denen 250 Millionen an geschädigte Anleger gehen. Das ist die höchste Strafe, die die SEC jemals verhängt hat.

Der Berliner Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) begrüßte die Buße für Goldman Sachs. „Die hohe Strafzahlung zeigt, dass man sich auch von einer mächtigen Investmentbank nicht einschüchtern lassen muss“, sagte er dem „Handelsblatt“. Ihm geht die Strafe noch nicht weit genug: „Goldman Sachs darf jetzt nicht für diese halbe Milliarde Dollar aus der Verantwortung gelassen werden“, so Nußbaum. Er sei jedenfalls froh, dass das Land Berlin nichts mehr mit Goldman Sachs und den Finanzpraktiken der Bank zu tun habe. Nußbaum hatte bereits im April, als die SEC-Ermittlungen bekannt wurden, angekündigt, keine Geschäfte mehr mit der Bank machen zu wollen. „Banker, die jegliche Verantwortung für das Gemeinwohl zurückweisen, sind in meinen Augen keine akzeptablen Geschäftspartner“, sagte er.

In Großbritannien ist die Affäre für Goldman auch noch nicht ausgestanden. Anders als die amerikanischen Aufseher schließt die FSA in aller Regel keine Vergleiche mit Verdächtigen. Sollten die Londoner Aufseher einen Verstoß gegen die britischen Vorschriften feststellen, kann sie Goldman mit einer Geldbuße bestrafen oder ein Berufsverbot gegen einzelne Mitarbeiter verhängen. Der Händler Fabrice Tourre, der den umstrittenen Deal organisiert hat, arbeitete für die Londoner Goldman-Filiale. Seine Zulassung durch die FSA wurde auf Antrag der Bank ausgesetzt. Tourre bleibe weiter beurlaubt, heißt es dazu bei Goldman.

Zu den geschädigten Anlegern zählt unter anderem eine Tochter der IKB, die 150 Millionen Dollar durch Abacus verloren hatte. Dieser Betrag steht mittlerweile aber der Förderbank KfW zu, denn sie hatte im Zuge der IKB-Rettung im Jahr 2007 die Verantwortung für die entsprechende Sparte übernommen. Aus dem Vergleich mit der amerikanischen Börsenaufsicht könnte die KfW nun bis zu 150 Millionen Dollar bekommen. Damit würde sich vermutlich eine Klage erübrigen, die derzeit geprüft wird. Die KfW wollte das nicht kommentierten.

Der zweite geschädigte Großanleger, die Royal Bank of Scotland (RBS), erhält dagegen nur 100 Millionen Dollar, obwohl sie für die Abwicklung des Geschäfts 840 Millionen Dollar hatte zahlen müssen. Deshalb prüft die RBS rechtliche Schritte. „Wir analysieren derzeit sehr sorgfältig all unsere Optionen“, heißt es bei der RBS. In den vergangenen Monaten hatte eine Reihe von Großaktionären das RBS-Management gedrängt, juristische Schritte gegen die amerikanische Bank einzuleiten.

In den USA reagierten Investoren und Analysten zwar positiv auf den SEC-Vergleich. Doch auch dort kann Goldman die Akte Abacus noch nicht ganz schließen. Gegen die Bank laufen mehrere Aktionärsklagen, die nach den SEC-Vorwürfen eingereicht wurden. Unterdessen gehen auch die Spekulationen um eine Ablösung von Goldman-Chef Lloyd Blankfein weiter. In der Einigung mit der SEC ist zwar nicht die Rede von personellen Konsequenzen. Aber: „Das Management hat noch einen weiten Weg vor sich, um den Reputationsschaden wieder zu beheben“, sagte der ehemalige Chef der Bank, John Whitehead, dem „Wall Street Journal“. Einzelne Analysten haben der Bank bereits geraten, den Vorstandschef und den Finanzchef auszutauschen, um die Folgen der Krise zu beseitigen. Branchenkenner halten es für möglich, dass Goldman dem in die Kritik geratenen Blankfein in ein paar Monaten einen eleganten Ausstieg bereiten könnte. HB

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