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Karstadt: Insolvenzverwalter verklagt Middelhoff

Vergangenheitsbewältigung bei Karstadt: Elf ehemalige Vorstände und Aufsichtsräte müssen sich vor Gericht verantworten.

Düsseldorf - Die Pleite von Karstadt hat ein juristisches Nachspiel. Der Insolvenzverwalter Klaus-Hubert Görg hat insgesamt elf ehemalige Vorstände und Aufsichtsräte des früheren Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor auf Schadensersatz verklagt. Das bestätigte ein Sprecher des Landgerichts Essen am Mittwoch. Insgesamt geht es um eine Summe von rund 175 Millionen Euro. Die Vorwürfe drehen sich um den Verkauf von fünf Immobilien an den Oppenheim-Esch-Fonds, die später zurückgemietet wurden. Das geht aus der Anklageschrift hervor, die dem Tagesspiegel in Auszügen vorliegt.

In den Jahren 2001 und 2002 verkaufte der damals noch als Karstadt Quelle firmierende Konzern unter dem Chef Wolfgang Urban fünf Warenhäuser in Potsdam, München, Karlsruhe, Leipzig und Wiesbaden an den Immobilienunternehmer Josef Esch, der sie sanierte und in den Jahren 2004 und 2005 an Karstadt vermietete. Der Verkauf ist juristisch verjährt, der Abschluss des Mietvertrages nicht. Dafür fordert Görg nun Schadensersatz von fünf ehemaligen Vorständen, darunter von Ex-Konzernchef Thomas Middelhoff und seinem Vorgänger Christoph Achenbach. Sie hätten Mieten zugestimmt, die „deutlich über den marktüblichen Sätzen“ lagen, und damit „nachhaltig ihre Pflicht verletzt“, heißt es in der Klage. Zudem wird Vorstand und Aufsichtsrat vorgeworfen, Ansprüche gegen Esch und Urban nicht eingelöst zu haben. Dafür sollen nun auch sieben Mitglieder des Aufsichtsrates bezahlen, darunter ebenfalls Middelhoff, der vor seiner Zeit als Konzernchef auch den Aufsichtsrat leitete, und der Ehemann der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, Leo Herl.

Middelhoff wusste seinem Sprecher zufolge am Mittwochmittag von der Klage, wollte sich aber nicht dazu äußern.

Es ist nicht das erste Verfahren, das sich mit der Rolle des einstigen Vorzeigemanagers bei Karstadt und Arcandor beschäftigt. Die Staatsanwaltschaften in Essen und später in Bochum ermitteln bereits seit Juli 2009 wegen des Verdachts der Untreue. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob Middelhoff zulasten von Karstadt Josef Esch verschonte, der damals auch das persönliche Vermögen von Middelhoff verwaltete und auf dessen Anraten sich Middelhoff und seine Frau an den Fonds mit Karstadt-Immobilien beteiligten. Die Ermittlungen dauern an. Anklage sei aber noch nicht erhoben worden, erklärte ein Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft am Mittwoch. Auch die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen Middelhoff. Sie überprüft einen früheren Beratervertrag mit der Privatbank Sal. Oppenheim.

Die neue Klage hat keinen Einfluss auf die aktuellen Verhandlungen zwischen Nicolas Berggruen und Highstreet, die das Amtsgericht Essen voraussichtlich bis Ende des Monats verlängert. Gläubiger von Highstreet treffen sich am 28. Juli, um über Mietsenkungen zu entscheiden. Ursprünglich sollte man sich bis zum 16. Juli einigen. David C. Lerch

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