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Wirtschaft: Kassen reichen Reformprofit weiter

Fast alle wollen die Beiträge senken, aber Kritiker fragen: Wie nachhaltig sind die Rabatte?

Berlin – Kassenpatienten können sich auf sinkende Beiträge freuen. Der Grund: Da die Versicherten seit Jahresanfang deutlich mehr Leistungen aus eigener Tasche zahlen müssen, haben die Kassen Einsparungen in Milliardenhöhe erzielt. Diese wollen sie an die Kunden weitergeben. Kritiker drängen jedoch auf einen Abbau der Schulden. Sie halten die Fixierung auf Beitragssenkungen für falsch. Die gesetzlichen Kassen haben nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums sechs Milliarden Euro Schulden aufgehäuft.

Dennoch wollen fast alle Kassen ihre Beiträge senken. Die Barmer Ersatzkasse, Deutschlands größte Ersatzkasse, hat im ersten Halbjahr einen Überschuss von 291 Millionen Euro erwirtschaftet und will die Beiträge zum Jahreswechsel erneut ermäßigen, sagte Sprecherin Susanne Uhrig. Die Barmer hatte ihren Beitragssatz bereits am 1. April um 0,2 Punkte auf 14,7 Prozent herabgesetzt. Auch die zweitgrößte Ersatzkasse, die DAK, will nachlegen. Nachdem die Deutsche Angestellten Krankenkasse bereits am 1. Januar 2004 den Satz um 0,5 Prozentpunkte auf 14,7 Prozent gesenkt hatte, kündigte Sprecher Jörg Bodanowitz weitere „spürbare“ Erleichterungen an. Die KKH will „spätestens zum Jahreswechsel“ ihren Beitragssatz von 14,4 Prozent auf 13,9 Prozent reduzieren, die Technikerkasse entscheidet im Herbst.

Auch die Betriebs- und Innungskrankenkassen wollen die Beiträge drücken. Die Bahn BKK wird ihren Beitragssatz zum 1. September auf 13,9 Prozent ermäßigen, die Siemens BKK hatte bereits zum 1. Juli ihren Satz um 0,5 Prozentpunkte auf 14,2 Prozent gesenkt. „Wir sind optimistisch, dass weitere Mitglieder folgen werden“, hieß es beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen. Auch einige Innungskrankenkassen haben bereits die Beiträge reduziert, zum Jahresende würden weitere folgen, betonte Joachim Odenbach, Sprecher des Bundesverbandes der Innungskrankenkassen. Die Innungskrankenkassen haben in den ersten sechs Monaten einen Überschuss von 166 Millionen Euro erzielt.

Andere sind vorsichtiger. So will die AOK Berlin zwar alles tun, um die Beiträge zu senken, aber „zu einer soliden Beitragssatzpolitik gehört es auch, Beitragssenkungen nicht mit Schulden zu finanzieren“, sagte Sprecherin Gabriele Rähse. Das sieht auch Rainer Brenker von der Deutschen BKK so. Niemand wisse, wie sich die Ausgaben weiterentwickeln. Beispiel Zahnersatz: Wenn viele Versicherte jetzt noch zum Zahnarzt gingen, bevor die Neuregelung komme, könne das zu erheblichen Mehrausgaben führen. Brenker warnte auch davor, die jetzt erzielten Überschüsse eins zu eins an die Kunden weiterzugeben. Stattdessen sollten die Kassen auch ihre Schulden abbauen. Zwar haben sie dazu nach der Gesundheitsreform vier Jahre Zeit, doch „die Schulden von heute sind die Beiträge von morgen“, mahnte Brenker.

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