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Wirtschaft: Keine Einigung über Schuldenerlass für Arme

G7-Länder und Währungsfonds zeigen sich besorgt über Ölpreis und kündigen „energische Schritte“ im Kampf gegen Armut an

Washington - Die Finanzminister der wichtigsten Industriestaaten erwarten, dass die Weltwirtschaft auch in diesem Jahr ein „solides Wachstum“ verzeichnen wird. Das sagten die Finanzminister der G-7-Staaten am Sonnabend in Washington. Das Treffen fand im Vorfeld der Frühjahrstagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) statt. Am Rande hieß es, der positive Trend werde zwar durch einen anhaltend hohen Ölpreis, das Haushaltsdefizit in den USA sowie das niedrige Wachstum in Europa und Japan verlangsamt, er bleibe aber stabil.

Erneut konnten sich die führenden Industrieländer auf die Modalitäten eines Schuldenerlasses für die ärmsten Länder nicht einigen. Ein britischer Vorschlag, einen Teil der Goldreserven des IWF zu verkaufen, um einen solchen Erlass zu finanzieren – der im Vorfeld heftig diskutiert worden war – wurde nicht einmal erwähnt.

Aktivisten von Dritte-Welt-Organisationen kritisierten das Ergebnis entsprechend scharf. „Wie viele Kinder müssen sterben, damit diese Männer in ihren Anzügen einen Sinn für die Dringlichkeit entwickeln?“ fragte Jonathan Hepburn von „Oxfam International“. Dabei habe der IWF klar zu verstehen gegeben, dass den armen Ländern auch durch einen Goldverkauf geholfen werden könnte. Einige hundert Demonstranten forderten bei der Frühjahrstagung des IWF lautstark einen Schuldenerlass. Im Unterschied zu vergangenen Jahren blieb der Protest bis zum Sonntag aber friedlich.

In ihrem Abschlusskommuniqué bekräftigen die Industrieländer erneut die Notwendigkeit eines umfassenden Schuldenerlasses. Nach Einzelfallprüfung könne der Erlass hundert Prozent betragen. US-Finanzminister John Snow sprach sogar von „bedeutsamen Fortschritten“. Einige Beobachter gehen davon aus, dass eine endgültige Einigung auf dem G-8-Gipfeltreffen im Juli in Großbritannien erreicht werden soll.

Die Tagung der Weltbank wurde zum letzten Mal von deren ausscheidendem Präsidenten James Wolfensohn geleitet. Er forderte Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung von Aids und Armut in Afrika. Dieses Jahr biete die „letzte Gelegenheit“, um die UN-Entwicklungsziele zu erreichen. Im Herbst 2000 hatte sich die UN vorgenommen, bis zum Jahr 2015 die Armut zu halbieren und Krankheiten wie Aids und Tuberkulose entschiedener zu bekämpfen. „Wir haben nur noch ein Jahrzehnt“, sagte Wolfensohn, „um all diese Ziele zu erreichen.“ Das sei eine große Herausforderung. Der Nachfolger Wolfensohns, der bisherige US-Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz, tritt sein Amt zum 1.Juni an. Er stellte sich seinen künftigen Mitarbeitern am Sonnabend bei einem Dinner vor, zu dem auch UN-Generalsekretär Kofi Annan eingeladen worden war. Ende März war die Nominierung von Wolfowitz, der im Pentagon energisch für den Irakkrieg geworben hatte, einstimmig vom Vorstand der Weltbank gebilligt worden.

In ihrem Abschlusskommuniqué kündigten die G-7-Finanzminister „energische Aktionen“ an, um globale Ungleichgewichte zu bekämpfen. Damit sind sowohl das Handelsdefizit der USA gemeint als auch die damit verbundenen Exportüberschüsse vieler asiatischer Staaten. Die Minister räumten ein, dass der anhaltend hohe Ölpreis das Wirtschaftswachstum bremst. Der Barrel ist derzeit rund siebzig Prozent teurer als vor zwei Jahren. Global betrachtet betrug das Wirtschaftswachstum 2004 mehr als fünf Prozent. In diesem Jahr erwartet der IWF 4,3 Prozent. Europa hinkt mit prognostizierten 0,8 Prozent hinterher.

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