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DAX stürzt ab

© dpa

Krise an den Finanzmärkten: Warnung vor der Rezession

Auch in Deutschland könnte die Wirtschaft abrutschen, fürchten Experten. Die Rezession komme bestimmt - die Frage sei nur, wie schwer sie ausfalle. Welche Folgen hat das Börsengeschehen für die Menschen in Deutschland?

Angesichts der weltweiten Börsenturbulenzen warnen Experten vor einer deutlichen Abschwächung auch der europäischen Wirtschaft. „Eine Rezession wird jetzt auch in Deutschland kommen. Die Frage wird nur sein, ob sie leicht oder schwer ausfallen wird“, sagte Michael Burda, Wirtschaftsprofessor an der Humboldt-Universität, dieser Zeitung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht dagegen keine Anzeichen für eine solche Entwicklung. Auch andere europäische Regierungen riefen dazu auf, Ruhe zu bewahren.

„Bislang hat sich noch so gut wie jede Rezession durch ein kräftiges Abrutschen der Aktienkurse angekündigt“, befand Burda. Er schließe nicht aus, dass dieser Kursrutsch ähnliche Ausmaße annehmen wird wie am 11. September 2001. Vermutlich werde im nächsten oder im übernächsten Quartal die Wirtschaftsleistung schrumpfen. „So robust, dass die Bundesrepublik dieser Krise widerstehen könnte, ist die deutsche Wirtschaft nicht.“ Von einer Rezession sprechen Volkswirte, wenn das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge schrumpft. Auch Gustav Horn, Chef des gewerkschaftsnahen IMK-Instituts, ist pessimistisch. „Ich fürchte, dass wir am Ende des Jahres einen Arbeitsplatzabbau sehen werden, das heißt, der Aufschwung kommt zum Erliegen“, sagte er der ARD.

Die deutsche Konjunktur könnte sich durch mehrere Ursachen eintrüben. Neun Prozent des deutschen Exports werden in den USA verkauft. Schränken die Banken ihre Kreditvergabe ein, können Unternehmen nicht mehr wie geplant investieren. Zudem könnten die 10,5 Millionen deutschen Aktienbesitzer ihr Vermögen bedroht sehen und den Konsum einschränken. Dazu müsste der Kursrutsch allerdings von Dauer sein, erklärte Andreas Rees, Deutschland-Chefvolkswirt der Bank Unicredit. Seinen Berechnungen zufolge geht der Bundesrepublik ein halber Prozentpunkt Wachstum verloren, wenn die Weltbörsen und der Dax um weitere zehn Prozent fallen.

Als „gering“ bezeichneten andere Forscher die Gefahr einer Rezession. „Ich sehe keine Veranlassung, nennenswert von der Prognose von 1,9 Prozent Wachstum in Deutschland für dieses Jahr abzuweichen“, sagte Wolfgang Franz, Mitglied im Rat der Wirtschaftsweisen. Eine Abschwächung in den USA sei dabei bereits berücksichtigt. Die Unternehmen hätten lange gute Gewinne gemacht und könnten nun dank des höheren Eigenkapitals aus eigener Kraft ohne die Hilfe von Banken investieren. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sprach sich gegen ein Eingreifen des Staates aus: „Wir haben nach wie vor eine gute Auftragslage der Wirtschaft."

Jürgen Stark, Mitglied im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), versuchte derweil, Ruhe in den Markt zu bringen. Die Fundamentaldaten in der Euro-Zone seien gesund. Sollte es aber nötig werden, werde die EZB dem Markt mit neuen Geldspritzen helfen.

Professionelle Anleger sehen nach dem Kurssturz an den Börsen schon wieder Einstiegschancen. „Die derzeitige Panik ist ein gutes Zeichen“, sagte Frank Lingohr, der zu Deutschlands erfahrensten Vermögensverwaltern zählt. „Das gibt uns die Gelegenheit, gute Unternehmen zu günstigen Kursen zu kaufen.“ Lingohr vermutet, dass die Turbulenzen an den Aktienmärkte schon bald vorbei sein werden. „Bis Mitte Februar werden wir den Tiefpunkt gesehen haben.“ Bis dahin sei Abwarten angesagt. „Man sollte jetzt auf keinen Fall verkaufen“, rät Lingohr.

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