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Unter einem Dach. Wer heute jung ist, wird seine Rente überwiegend privat finanzieren müssen. Lebensversicherungen sind ein Baustein der Vorsorge.

© picture alliance / dpa

Garantiertes Risiko: Lebensversicherer wollen weniger Reserven ausschütten

Der Branchenverband der Versicherer spricht sich gegen höhere Gewinnbeteiligung der Kunden aus - und warnt vor staatlichem Eingriff.

Der Garantiezins, für den sich Versicherungspräsident Alexander Erdland rechtfertigen muss, stammt aus der Zeit, als im Gebäude am Berliner Schloßplatz noch der Staatsrat der DDR saß. 3,5 Prozent Zinsen garantierten die westdeutschen Lebensversicherer ihren Kunden ab Mitte der 1980er Jahre. Mitte der 90er erhöhten sie dann sogar auf vier Prozent. „Verrückt“ seien solche Versprechen gewesen, musste sich Erdland am Mittwoch bei der Präsentation der Jahreszahlen der deutschen Versicherer (GDV) in historischer Kulisse vorwerfen lassen.

Seit Monaten debattieren Versicherer, Verbraucherschützer und Politik, wie die Assekuranzen angesichts anhaltender Niedrigzinsen mit Lebensversicherungen umgehen sollen. Mit den bestehenden und mit den neuen Verträgen. Die Branche muss die hohen Garantien erwirtschaften, die sie ihren Kunden in guten Zeiten versprochen hat. Im Schnitt liegt der Garantiezins in den Beständen immer noch bei 3,15 Prozent – so viel können Neukunden nicht einmal mehr als Überschussbeteiligung erwarten.

Im Januar hatte die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV), ein Zusammenschluss von Versicherungsmathematikern, empfohlen, den Garantiezins zum Jahreswechsel von 1,75 auf 1,25 Prozent zu senken. In der Vergangenheit war das Finanzministerium den Empfehlungen meist gefolgt.

Weniger Rente vom Staat heißt mehr private Vorsorge

Vor dem Hintergrund eines stetig sinkenden staatlichen Rentenniveaus sind Lebensversicherungen ein wichtiger Baustein der privaten Altersvorsorge. Allein im abgelaufenen Jahr erhöhten sich die Beitragseinnahmen der Lebensversicherer und Pensionskassen aus den 95 Millionen Policen um vier Prozent auf 90,8 Milliarden Euro.

Trotz der Debatte um die Tauglichkeit der Lebensversicherung als Altersvorsorge sinkt die Zahl der Kündigungen stetig: Die Stornoquote lag bei 3,3 Prozent der Verträge (2012: 3,5 Prozent). Die Bundesregierung ist sich der Bedeutung der Verträge für die Altersvorsorge der Deutschen sehr wohl bewusst.

Erst am Dienstag hatte Finanzstaatssekretär Michael Meister (CDU) tiefgreifende Änderungen in Aussicht gestellt. So plant Schwarz-Rot, den Versicherten künftig 90 Prozent des Risikogewinns zugutekommen zu lassen. Bislang sind es 75.

Bei Risikogewinn will sich die Branche nicht reinreden lassen

„Uns ist völlig klar, dass die Erfüllung der Pflichten gegenüber den Kunden für uns absolute Priorität hat“, betonte GDV-Präsident Erdland. Aber: Eine Neuregelung beim Risikogewinn müsse den Unternehmen die Chance lassen, sich für schlechte Zeiten zu wappnen. „Wir dürfen den Verteilungsmechanismus nicht so verändern, dass die Möglichkeiten zu einem weiteren Aufbau von Risikokapital eingeschränkt werden“, mahnte Erdland.

2012 lagen die Risikogewinne der Unternehmen nach Angaben der Bundesregierung bei 800 Millionen Euro. Das entspreche den Dividenden, die sie an ihre Anteilseigner ausgeschüttet hätten.

Weniger auszuschütten wäre aber in Ordnung

Einverstanden wäre der GDV, dem Branchengrößen wie Allianz und MunichRe angehören, mit Änderungen bei den stillen Reserven auf festverzinsliche Wertpapiere. Erdland betonte, dass festverzinsliche Anlagen wie Rentenpapiere und Anleihen knapp 90 Prozent der Kapitalanlagen der Lebensversicherer ausmachten.

Bisher müssen diese Bewertungsreserven zur Hälfte an ausscheidende Kunden fließen, obwohl sie nur wegen der Niedrigzinsphase und nur auf dem Papier entstehen. Künftig soll gelten, dass die Erfüllung der langfristigen Garantiezusagen an alle Kunden Vorrang hat vor der Ausschüttung der Reserven.

Verbraucherschützer sehen Kunden benachteiligt

Anders als die Branche sieht der Bund der Versicherten (BdV) in den Bewertungsreserven kein außergewöhnliches Ereignis der Niedrigzinsphase. „Bewertungsreserven entstehen regelmäßig in den Kapitalanlagen“, erläuterte BdV-Chef Axel Kleinlein. Daher bestünden bei jedem Kunden zu Vertragsende oder Rentenbeginn üblicherweise derartige Bewertungsreserven.

Nach dieser Lesart wäre also jeder Versicherungssparer von den geplanten Kürzungen betroffen. Mit einer Neuverteilung der verschiedenen Reservetöpfe wären die Verbraucherschützer jedoch einverstanden – wenn diese im Sinne der Versicherungsnehmer fair erfolge. mit rtr

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