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Wirtschaft: Leitzins in Europa steigt auf vier Prozent

Zentralbank verteuert Kredite aus Angst vor Inflation

Frankfurt am Main/Berlin - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den wichtigsten Leitzins am Mittwoch wie erwartet um 0,25 Punkte auf vier Prozent angehoben. Für die 13 Länder der Euro-Zone war dies die achte Steigerung in Folge seit Dezember 2005. Weitere Zinsschritte kündigte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet zwar nicht konkret an, Experten rechnen aber bis Jahresende mit noch einer weiteren Anhebung.

Das Leitzinsniveau ist damit auf einem Sechsjahreshoch. Trichet begründete die Entscheidung nach der Sitzung des EZB-Rates mit anhaltenden Inflationsrisiken. Die Preise waren durch das teure Öl, höhere Löhne und den anziehenden Konsum gestiegen. Die Geldpolitik stütze aber immer noch das Wachstum, sagte der Chef der Währungshüter. Volkswirte schlossen aus seiner Wortwahl, dass es noch weitere Zinserhöhungen geben könnte. Allerdings vermied Trichet den Hinweis, man verfolge die Preisentwicklung mit „großer Wachsamkeit“ – dies war bislang der Ankündigung weiterer, rascher Zinsschritte gleichgekommen.

Die Börse reagierte kaum auf den Schritt. Der Aktienindex Dax verlor zwar fast 2,5 Prozent – dafür waren aber vor allem skeptische Konjunkturprognosen aus den USA verantwortlich. Der Euro-Dollar-Kurs verharrte bei 1,35 Dollar.

Mit dem Leitzins steuert die EZB die Nachfrage von Verbrauchern und Firmen nach Krediten. Höhere Finanzierungskosten sollen die Wirtschaft bremsen und damit Druck von den Preisen nehmen. Während Konsumkredite und Hypotheken in den kommenden Wochen teurer werden dürften, werden die Banken auf der anderen Seite vermutlich die Zinsen für Tages- und Festgeld anheben. Der EZB-Beschluss wird ab dem 13. Juni wirksam.

Für einen weiteren Schritt der EZB spricht auch, dass sie mit einem noch stärkeren Aufschwung rechnet. Sie korrigierte ihre Wachstumsprognose für 2007 in der Eurozone von 2,5 auf 2,6 Prozent, im kommenden Jahr sollen es statt 2,4 noch 2,3 Prozent sein. Die Inflation werde in beiden Jahren bei 2,0 Prozent liegen – als Ziel hat sich die EZB eine Rate von knapp unter zwei Prozent gesetzt.

Kurt Demmer, Chefvolkswirt der IKB Deutsche Industriebank, rät von weiteren Anhebungen ab. „Die EZB sollte die Zinsen nicht weiter erhöhen“, sagte er dem Tagesspiegel. Eine echte Inflationsgefahr bestehe nicht, derzeit würden nur rohstoff- und energiereiche Waren teurer. Weitere Zinsschritte würden aber den Euro-Dollar-Wechselkurs noch mehr in die Höhe treiben. „Das dürfte sich dann beim Export bemerkbar machen“, befürchtete Demmer. brö/ro

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