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Wirtschaft: Lipobay und die Folgen: Müder Wachhund - EU-Arzneimittelagentur soll Aufpasser im Schnellwarnsystem werden

Hat nicht nur das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel geschlafen, sondern auch die in London angesiedelte Arzneimittelagentur der EU? Hätte der Beipackzettel des Bayer-Medikaments Lipobay die "Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimittel", abgekürzt EMEA, nicht misstrauisch machen und zum Eingreifen veranlassen müssen?

Hat nicht nur das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel geschlafen, sondern auch die in London angesiedelte Arzneimittelagentur der EU? Hätte der Beipackzettel des Bayer-Medikaments Lipobay die "Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimittel", abgekürzt EMEA, nicht misstrauisch machen und zum Eingreifen veranlassen müssen?

Die Schuld nach Brüssel zu schieben, wäre zu einfach. Denn zugelassen wurde Lipobay nicht von der EU-Agentur, sondern von den nationalen deutschen Behörden. Die EU-Agentur, die 1995 in London ihre Arbeit aufnahm und im Bereich Industriepolitik angesiedelt ist, ist nur bei der Zulassung eines kleinen Teils der Medikamente, die in der EU auf den Markt kommen, beteiligt: Zum einen am zentralen europäischen Verfahren, das nur für biotechnisch hergestellte Arzneimittel zwingend vorgeschrieben ist, zum anderen bei der "gegenseitigen Anerkennung" durch die EU-Mitgliedstaaten.

Doch die EU plant, das Aufgabenfeld der EMEA zu erweitern. Danach soll der Patientenschutz mit einem verbesserten Frühwarnsystem bei Problemen mit Medikamenten gestärkt werden. Gleichzeitig soll aber auch die Zulassung für dringend benötigte neue Medikamente gerafft, verkürzt und beschleunigt und damit die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Arzneimittelindustrie gestärkt werden. Die Vorschläge für eine Reform der Arzneimittelvorschriften stammen aus dem Juli dieses Jahres - das war noch bevor der Lipobay-Skandal Schlagzeilen machte.

Die EMEA wird künftig eine Art Wachhund sein. Sie soll durch den Ausbau wissenschaftlicher Ausschüsse gestärkt werden, die als "Aufpasser" in das Schnellwarnsystem eingebaut werden. Die EU-Pharmaexperten fordern, künftig laufend "die Unbedenklichkeit" der zugelassenen Medikamente zu überprüfen. und darüber regelmäßig Berichte vorzulegen.

Vor allem aber will die EU-Kommission Ärzten und Patienten helfen, sich im Gewirr der Medikamente besser zurechtzufinden. In Zukunft sollen die Unterlagen der Zulassungsverfahren möglichst allen interessierten Personen zur Verfügung stehen. "Ich bin überzeugt", erklärte der in Brüssel zuständige EU-Kommissar Erkki Liikanen, "dass die von uns vorgeschlagenen neuen Regeln zu einer deutlichen Verbesserung beim Gesundheitsschutz für die Bürger Europas führen werden."

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