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Wirtschaft: Medion braucht einen Neustart

Preisverfall und die Macht der Großkunden bedrängen den Elektronikhändler

Berlin - Die Aktie des einst hochgelobten Elektronikgroßhändlers Medion hat seit Ende Februar ein Drittel ihres Wertes verloren. Nachdem das Essener Unternehmen vor zehn Tagen einen Gewinneinbruch im vergangenen Jahr gemeldet und weitere Ertragseinbußen für das erste Quartal 2005 vorausgesagt hatte, rutschte der Kurs ab: Vor Ostern notierte das Papier bei 11,75 Euro, fast sechs Euro weniger als vor vier Wochen – und weit entfernt vom Höchstkurs von 37 Euro vor einem Jahr.

Doch was auf den ersten Blick nach Untergangsstimmung aussieht, ist nach Meinung von Experten nur ein Durchhänger, der auf dem besonderen Geschäftsmodell des Unternehmens mit weltweit 1500 Mitarbeitern beruht. Fast drei Viertel seines Umsatzes macht Medion mit Computern und Multimedia-Technik. Kunden sind vor allem die großen Discounter. 65 Prozent des Umsatzes stammen aus dem Geschäft mit den fünf größten Kunden. Ein Experte schätzt, dass allein auf Aldi 40 bis 50 Prozent entfallen.

„Die Großabnehmer wie Aldi, Carrefour, Saturn und Media Markt sind Medion zum Verhängnis geworden“, sagt Mattias Engelmayer vom Analysehaus Independent Research. „Da wird knallhart verhandelt, der Margendruck ist enorm.“

Medion ordert seine Ware dort, wo die beste Qualität zum günstigsten Preis zu bekommen ist. Die Hersteller – große und kleine Namen, meist aus Fernost – liefern mal komplette Geräte, mal einzelne Komponenten, die Medion in Asien oder Osteuropa montieren lässt. Das Angebot reicht vom computergesteuerten Navigationssystem über einen „Disney-PC“ für Kinder bis zum Digitalfoto-Service. Selbst mit Reiseunternehmen arbeitet Medion zusammen – via Internet gibt’s drei Tage im Harz für 99 Euro. Auch „Weiße Ware“ wurde bereits angekündigt.

Die Chargen von Zigtausenden Geräten pro Aktion drücken einerseits den Preis, liefern Medion aber andererseits der Gunst der Großkunden aus. Hinzu kam der weltweite Preisverfall für Elektronikartikel, so dass sich der Konzernüberschuss halbierte.

Doch um das Überleben von Medion fürchten die Experten nicht. Es seien keine Managementfehler wie etwa bei Karstadt gemacht worden, sagt Engelmayer. Und Analyst Christian Schindler von der Landesbank Rheinland-Pfalz sagt: „Ich sehe keine Gefahr, dass Aldi sagt, wir machen nichts mehr mit Medion.“ Entscheidend seien schneller Abverkauf und guter Kundenservice. Fragt man nach dem künftigen Produkt-Portfolio, heißt es nur: „Da wird über vieles nachgedacht.“ Die Analysten raten Medion, sich auf die Auslandsmärkte zu konzentrieren und nicht zum Gemischtwarenladen zu mutieren. Das aktuelle Geschäftsmodell sei grundsätzlich richtig. Weniger freundlich ist ihre Prognose für den Aktienkurs, auf den seit Wochen ein Hagel von Verkaufsempfehlungen niedergeht.

Während sich Medion selbst als „unglaublich stabiles Unternehmen“ bezeichnet und auf die Eigenkapitalausstattung von über 50 Prozent verweist, sagt Analyst Schindler: „Wenn man die Aktie nicht hat, muss man jetzt auch nicht einsteigen.“ Und sein Kollege Engelmayer sagt: „Die Aktie ist im freien Fall. Ich würde erst einmal warten, wo sie aufschlägt.“

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