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Wirtschaft: Mehr Mehrwertsteuer, weniger Jobs

Das befürchtet jedenfalls das IAB. 2006 stieg Zahl der Erwerbstätigen stark

Berlin - Die Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent könnte 2007 rund 130 000 Arbeitsplätze vernichten. Das sagt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) voraus, das der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg angegliedert ist. Die Wissenschaftler haben eine so genannte Simulationsstudie durchgeführt, über die nächsten drei Jahren prophezeien sie sogar einen Verlust von 190 000 Jobs.

Als Hauptgrund gibt das IAB an, dass die große Koalition die zusätzlichen Einnahmen aus der Steuererhöhung unterm Strich nicht in die Senkung der Sozialabgaben stecke, sondern in die Konsolidierung ihres Haushalts. Zwar bekäme die Arbeitslosenversicherung Zuschüsse, um den Beitragssatz zu senken. Anderen Zweigen der Sozialversicherung würden aber gleichzeitig Steuermittel in fast gleicher Höhe gekürzt. Würde die Bundesregierung die Einnahmen hingegen für die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge verwenden, könnten laut Studie dieses Jahr 130 000 neue Jobs entstehen.

Die Forscher gehen davon aus, dass die höhere Mehrwertsteuer zu einem Rückgang der privaten Nachfrage führe, weil die Kaufkraft der Haushalte durch die gestiegenen Preise sinke. Allerdings sei die Konsolidierung des Staatshaushalts positiv zu sehen, weil sie die Abgabenquote senke, Investitionen anrege und die Glaubwürdigkeit der Politik erhöhe.

Der Wirtschaftswissenschaftler Hans- Werner Sinn widerspricht der Vorhersage des IAB. Im Südwestrundfunk sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, es fehle nicht an Kaufkraft. So habe die Investitionsgüternachfrage bereits angezogen. Sinn erwartet nicht, dass die Mehrwertsteuererhöhung den Aufschwung bremse.

Unterdessen hat das Statistische Bundesamt in Wiesbaden für das vergangene Jahr einen Schub bei der Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland festgestellt. Im Schnitt hatten 2006 knapp 39,1 Millionen Menschen Arbeit. Das waren 258 000 mehr als 2005, ein Plus von 0,7 Prozent und der stärkste Anstieg seit dem Jahr 2000. Im Jahr 2005 war die Zahl der Menschen mit Arbeit noch um 52 000 gesunken. Die positive Entwicklung ist laut den Statistikern der generellen konjunkturellen Belebung und den Impulsen durch die Fußballweltmeisterschaft zu verdanken. Außerdem zeigten die arbeitsmarktpolitischen Reformen der Bundesregierung Wirkung.

Die meisten neuen Beschäftigten arbeiteten in der Dienstleistungsbranche. Hier gab es 1,3 Prozent mehr Erwerbstätige. Im produzierenden Gewerbe nahm die Zahl der Beschäftigten hingegen ab.

Dennoch führt der Anstieg der Beschäftigungszahlen nicht automatisch zu einem Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Der Bildungsexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW), Dirk Werner, sagte dem Tagesspiegel: „Von der Belebung des Arbeitsmarkts profitieren junge Menschen, die ihre Ausbildung gerade abgeschlossen haben. Sehr schwierig bleibt es nach wie vor für ältere und gering qualifizierte Menschen.“

Der Anstieg bei den Beschäftigungszahlen war nach Angaben des IW-Experten Werner vorhersehbar, weil die Zeitarbeit boome. Dies sei ein guter Indikator für den Beginn eines Aufschwungs, da viele Unternehmen lieber befristete Verträge abschlössen, bevor sie jemanden fest einstellten. Laut Bundesarbeitsministerium ist die Zahl der Zeitarbeitnehmer im Jahresdurchschnitt von 2003 bis 2005 um 114 000 auf 444 000 deutlich gestiegen. 60 Prozent der Zeitarbeiter waren zuvor arbeitslos.

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