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In Brüssel wird derzeit darüber diskutiert, das Mindesthaltbarkeitsdatum für bestimmte Lebensmitteln wie etwa Nudeln abzuschaffen.

© dpa

Mindesthaltbarkeitsdatum: Brüssel streitet über die Verzehrsgarantie

Die Agrarminister der EU überlegen, das Mindesthaltbarkeitsdatum von Reis oder Nudeln abzuschaffen, und machen Brüssel Druck.

Zucker hat es nicht. Salz und Essig auch nicht. Die Rede ist vom Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD). Es ist eine Garantie des Herstellers, dass das Produkt bis zu dem aufgedruckten Datum ohne wesentliche Geschmacks- oder Qualitätseinbußen verzehrbar ist. Jetzt wollen die EU-Länder Schweden und die Niederlande das Mindesthaltbarkeitsdatum für einige weitere Produkte abschaffen. Unterstützt werden sie dabei unter anderem von Deutschland.

Am Montag diskutierten die Agrarminster der EU-Länder in Brüssel über mögliche Kandidaten für die Liste der Produkte, die kein MHD zu tragen brauchen. Im Gespräch sind vor allem Produkte, die man ohnehin lange aufbewahren kann, beispielsweise Nudeln und Reis. „Wir haben ein großes Problem mit Lebensmittelverschwendung“, sagte die niederländische Argarministerin Sharon Dijksma zu Beginn des Treffens. Das MHD habe nichts zu tun mit der Lebensmittelsicherheit, betonte die Ministerin. „Gemeinsam können wir innerhalb der EU dieses Problem angehen.“

Europaweit landen jährlich 89 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll

Das von Dijksma angesprochene Problem ist keine Lappalie: Jahr für Jahr werden europaweit 89 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen, heißt es in einer Vorlage des Ministerrats. Weltweit sind es nach einer Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sogar 1,3 Milliarden Tonnen. Damit werde, so die FAO, etwa ein Drittel aller produzierten Lebensmittel verschwendet – sei es durch unsachgemäße Produktion und Lagerung, Verwendung für Nicht-Nahrungszwecke oder eben durch Wegwerfen. Einer Studie der Universität Stuttgart aus dem Jahr 2012 zufolge wirft jeder Deutsche pro Jahr 82 Kilogramm Lebensmittel im Gegenwert von 235 Euro weg.

Bereits im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommission eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema eingerichtet. Die Agrarminister nehmen nun selbst das Heft in die Hand und fordern die EU-Kommission zum Handeln auf. „Wir erwarten, dass die EU-Kommission bis Juni einen entsprechenden Bericht vorlegt“, sagte Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) vor dem Ministerrat. Dort sollten alle Lebensmittel nach ihrer Verderblichkeit kategorisiert werden. „Man kann vom Verbraucher nicht verlangen, dass er bei jedem Produkt abwägen muss“, sagte Schmidt mit Blick auf die Haltbarkeit. Der CSU-Politiker gab sich optimistisch, dass „innerhalb eines Jahres“ das Mindesthaltbarkeitsdatum bei einigen Lebensmitteln abgeschafft werden könne.

Verbände und Umweltschützer sind für Abschaffung des MHD bei bestimmten Produkten

Der Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) begrüßt die Initiative. Gerade bei Produkten mit langer Haltbarkeit wie Nudeln, Reis oder Kaffee sei es „sinnvoll“, über einen Wegfall des MHD nachzudenken. „Auch wir im Handel wollen, dass man verantwortungsvoll mit Lebensmitteln umgeht“, sagte ein Sprecher. Der Wegfall eines MHD dürfe dabei aber nicht die Produktsicherheit beeinträchtigen, betonte der Sprecher mit Blick auf Hartkäse, der auch im Gespräch ist. Auch Greenpeace, das seit langem Initiativen gegen Lebensmittelverschwendung fordert, begrüßt den Vorschlag des Ministerrats. „Wir hoffen, dass dies nur der erste Schritt ist in Richtung einer nachhaltigeren Lebensmittelpolitik auf europäischer Ebene“, sagte der Agrarexperte Marco Contiero. Es müsse jedoch darüber hinausgehend eine „radikale Veränderung“ in Produktion und Konsum von Lebensmitteln geben, beispielsweise durch ökologischen Anbau statt Monokulturen.

Philipp Obergassner

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