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Wirtschaft: Neue Regeln im Kasino

Komplizierte Finanzprodukte bedrohen Griechenland und den Euro. Eine stärkere staatliche Aufsicht soll die Gefahr eindämmen

Brüssel/Düsseldorf - Hedgefonds, Leerverkäufe, CDS – diese und andere Instrumente, mit denen Spekulanten auf den Finanzmärkten wetten, haben Griechenland und den Euro unter Druck gesetzt. Wissenschaftler und Politiker fordern mehr Regulierung. Wo kann und will der Staat eingreifen?

HEDGEFONDS UND FINANZINVESTOREN

Hochspekulative Hedgefonds gelten als Mitverursacher der weltweiten Finanzkrise. Sie sollen sich in Europa künftig stärker auf die Finger schauen lassen. Dem Willen vieler Europaabgeordneten zufolge sollen sich Manager von Hedgefonds und Beteiligungsgesellschaften registrieren lassen und ihre Risiken offenlegen. Auch Fonds aus Drittstaaten sollen sich der europäischen Regulierung unterwerfen; die jeweiligen Aufsichtsbehörden in der Heimat müssten das kontrollieren. Dazu soll die EU mit den betroffenen Staaten Abkommen schließen, die auch den Austausch von Steuerinformationen und die Einhaltung von Vorschriften gegen Geldwäsche umfassen.

Strittig ist, ob und wie man den Einsatz von Fremdkapital begrenzen soll. Die Fonds leihen sich kurzfristig ein Vielfaches ihres Einsatzes, um einen High Score zu erzielen, also einen möglichst hohen Gewinn. Damit multiplizieren sie bei Verlusten aber auch ihre Risiken. Das Parlament will der künftigen europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA das Recht geben, bei verdächtigen Handelsaktivitäten Einzelner oder bei kritischen Marktlagen diese Hebelwirkung zu begrenzen. Vor allem Großbritannien, wo die meisten Fonds sitzen, hat sich bislang gegen die Vorgaben gesperrt.

LEERVERKÄUFE

Auch Leerverkäufer stehen am Pranger. Mit ihren Wertpapierverkäufen haben sie griechische Anleihen massiv unter Druck gesetzt. Die Anleger leihen sich dabei Wertpapiere, mit denen sie auf einen Kursrückgang spekulieren wollen. Anschließend verkaufen sie diese am Markt. Sinkt der Kurs später tatsächlich, kann der Anleger die Wertpapiere billiger zurückkaufen und gibt sie danach an den Eigentümer zurück. Sein Gewinn ist die Differenz zwischen An- und Verkaufspreisen minus aller Leihgebühren. Die Bundesregierung ist bereits mit dem Gesetzentwurf zur Stärkung des Anlegerschutzes und der Verbesserung des Kapitalmarktes aktiv. Leerverkäufe sollen transparenter werden: Ab einer Höhe von 0,2 Prozent der Leerverkäufe am Aktienkapital eines Konzerns wird eine Meldung an die Finanzaufsicht Pflicht, ab einer Schwelle von 0,5 Prozent müssen die Märkte über den Namen des Akteurs informiert werden.

KREDITDERIVATE

CDS (Credit Default Swaps) sind eine Art Versicherung, mit der sich der Anleger gegen den Ausfall eines Schuldners absichert und dafür eine Prämie zahlt. Da Spekulanten damit aber quasi als Versicherungsgeber relativ leicht auf Probleme oder gar den Zusammenbruch von Unternehmen oder Staaten wetten können, sehen Politiker das Finanzinstrument kritisch. Mit CDS, die auf Probleme Griechenlands setzten, konnten Spekulanten seit Jahresbeginn enorme Summen verdienen. Immer wieder fordern Politiker in Frankreich oder Deutschland ein Verbot von CDS auf Staaten. Zunächst einmal wäre es damit Spekulanten nicht mehr so leicht möglich, auf Zahlungsschwierigkeiten von Staaten oder auch Unternehmen zu wetten. Allerdings: Ohne die CDS würde ein wichtiger Signalgeber für die Finanzmärkte fehlen. Es macht mehr Sinn, den undurchsichtigen CDS-Markt, der bisher vor allem in den Hinterzimmern großer Banken läuft, zwingend auf zentrale Abwicklungsstellen zu verlagern, wenn möglich gar auf Börsen. Dann wissen die Regulierer, welche Parteien mit welchen Volumina auf oder gegen was wetten. Im Juli legt die EU-Kommission einen Richtlinienentwurf vor, wie sie CDS künftig regulieren will. HB

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