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Ulrich Kissing war seit 2009 Vorstandsvorsitzender der landeseigenen Investitionsbank Berlin.

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Neuer Bankenskandal in Berlin: Senatorin Yzer feuert IBB-Chef Kissing

Der Vorstandsvorsitzende der Investitionsbank Berlin soll Sozialbeiträge nicht gezahlt haben. Aber der hat einen Rechtsstreit dazu gewonnen. Die Wirtschaftssenatorin lässt Fragen offen.

Berlin hat einen neuen Bankenskandal. Ulrich Kissing, seit 2009 Vorstandsvorsitzender der landeseigenen Investitionsbank Berlin (IBB) wurde am Freitag vom Verwaltungsrat der Bank unter Vorsitz von Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) mit sofortiger Wirkung und einstimmig abberufen. Der Vorwurf der Senatorin: Der Manager soll „über mehrere Jahre“ keine Sozialbeiträge gezahlt und die von ihm geführte IBB in einen Rechtsstreit mit der Deutschen Rentenversicherung geführt haben. Yzer sprach von einer „schwerwiegenden Pflichtverletzung“, die „das Vertrauen in die Zuverlässigkeit von Herrn Kissing erschüttert hat“. Fragen ließ die Senatorin am Freitagnachmittag bei ihrer kurzen Stellungnahme nach der Verwaltungsratssitzung nicht zu. Dabei gibt es durchaus offene Fragen, denn in dem von der IBB in zwei Instanzen gewonnen Rechtsstreit ging es allein darum, ab wann Kissing versicherungspflichtig war.

Der Sprecher des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Axel Hutschenreuther, sagte auf Anfrage, es sei ein Prozess geführt worden „ der sich in völlig normalem Rahmen bewegte“. Es sei darum gegangen, ob für strittige neun Monate Rentenbeiträge zu zahlen waren oder nicht. Diesen Prozess habe die IBB in zwei Instanzen gewonnen. Und das habe auch die IBB als Arbeitgeber vor der Zahlung von Sozialbeiträgen bewahrt.

Seit längerem Streit an der Spitze

In Senatskreisen gab man sich dennoch fassungslos darüber, dass Kissing bei der Höhe seines Gehalts nicht ein paar tausend Euro im Jahr für Sozialbeiträge abführen wollte. Die Rede ist von einer Summe von rund 9.000 Euro. Yzer war dem Vernehmen nach vor gut vier Wochen über den Fall informiert worden, und zwar von einem Kollegen Kissings aus der IBB. Gerüchten zufolge gibt es seit längerem Streit an der Spitze der Bank. Nachdem Yzer, als Verwaltungsratsvorsitzende gewissermaßen die Oberaufseherin der Bank, am 20. Februar Kenntnis bekommen hatte von dem Vorfall, forderte sie am 24. Februar den IBB-Vorstand auf, den Sachverhalt zu erläutern. Der Arbeitsausschuss des Verwaltungsrats beauftragte dann unter der Leitung Yzers die Beratungsfirma Deloitte, die auch beim ADAC tätig wurde, mit der Untersuchung des Falls. Nur sechs Tage später gab es das Ergebnis: Kissing habe seine Pflicht schwerwiegend verletzt. Auf dieser Grundlage beauftragte Yzer dann den Arbeitsrechtler Reinhold Kopp aus der Kanzlei Heussen, sich ebenfalls mit der Angelegenheit zu befassen und die Abberufung zu prüfen. Yzer informierte die Bankenaufsicht und die Bundesbank über die anstehende Abberufung des IBB-Chef.

Einen Nachfolger will die Senatorin in aller Ruhe in den kommenden Monaten suchen. Bislang bilden Issing und Frank Schneider den Vorstand der Bank. Schneider, der offenkundig auch keine Sozialbeiträge gezahlt hat, scheidet Ende April aus, um eine Professur für Bankbetriebslehre in Hannover zu übernehmen. Als Ersatz für ihn wurde bereits Sonja Kardorf berufen, derzeit Bereichsleiterin bei der Postbank in Bonn. Bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Kissing gefunden ist, will Yzer in Absprache mit den Bankenaufsicht einen Interimsgeschäftsführung installieren.

Die IBB ist die Förderbank des Landes Berlin mit den Geschäftsbereichen Wirtschafts- und Immobilienförderung. Bei Finanzierungshilfen orientiert sich die Bank vor allem auf Firmen in den Berliner Clustern (Gesundheit, Kommunikation, Optik, Verkehr, Energietechnik).

20 Jahre bei der Deutsche Bank

Kissing, 1957 im sauerländischen Menden geboren, leitet die Bank seit dem Spätsommer 2009. Zuvor arbeitete er mehr als 20 Jahre für die Deutsche Bank. Im vergangenen Januar hatte der Verwaltungsrat die Vertragsverlängerung bis 2017 beschlossen. Yzer lobte Kissing damals für seinen „sicheren und umsichtigen Kurs“ mit der er die Bank in schwieriger Zeit geführt habe. „Die Vertragsverlängerung von Herrn Kissing für weitere drei Jahre ist ein Signal der Kontinuität und Stabilität.“ Und Kissing freute sich „auf meine weitere Arbeit für Berlin in den kommenden drei Jahren“.

Tatsächlich gilt der Banker als integre Persönlichkeit, dessen „kritisch-konstruktive Stimme durchaus geschätzt wird“, wie es am Freitag in der Berliner Wirtschaft hieß. Nun erwägt der Verwaltungsrat der Bank sogar Schadenersatz gegen den Ex-Vorstandschef, sofern Sozialbeiträge nachgezahlt werden müssen. Ob Kissing eine Abfindung erhält oder der Vertrag bis 2017 ausgezahlt wird, werden womöglich die Arbeitsgerichte entscheiden. Das Jahresgehalt des Bankers lag zuletzt bei 526 000 Euro.

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