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Die Schweizer erteilten Anfang März mehr Urlaub für alle per Volksentscheid eine Absage.

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Update

Öffentlicher Dienst: Arbeitgeber müssen Jüngeren mehr Urlaub geben

Bislang haben junge Beschäftigte im öffentlichen Dienst 26 Tage Urlaub im Jahr. Ab dem 40. Lebensjahr gibt es deutlich mehr. Das ist diskriminierend, sagt das Bundesarbeitsgericht.

Junge haben Anspruch auf ebenso viel Urlaub wie Alte. Andere Regelungen in Tarifverträgen verstoßen „gegen das Diskriminierungsverbot wegen des Alters“, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt am Dienstag. Eine altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer ist also nicht rechtmäßig. Im konkreten Fall hatte eine Beschäftigte eines Landkreises geklagt, weil sie weniger Urlaubstage bekam als ältere Kollegen. Ihr Arbeitgeber bezog sich auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, in dem folgende Staffel steht: Bis zum vollendeten 30. Lebensjahr gibt es 26 Arbeitstage Urlaub, bis zum vollendeten 40. Lebensjahr sind es 29 und jenseits der 40 dann 30 Tage.

Das BAG verweist in einer Stellungnahme auf das Bundesurlaubsgesetz, in dem der Mindesturlaub nicht an das Lebensalter des Arbeitnehmers geknüpft ist. Und auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wonach Beschäftigte nicht wegen ihres Alters benachteiligt werden dürfen. Das AGG gilt seit 2006. Seitdem ist in vielen Bereichen das Problem gelöst worden. Im Einzelhandel und bei der Bahn verständigten sich die Tarifparteien auf die Abschaffung der Altersstaffel. „Der Schaden des Urteils für die private Wirtschaft hält sich deshalb in Grenzen“, hieß es am Dienstag bei der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände. Die Auswirkungen für den öffentlichen Dienst seien indes „dramatisch“.

Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi profitieren von dem Urteil rund 850 000 Mitarbeiter von Bund, Ländern und Kommunen, indem sie mehr Urlaub bekommen. Die Arbeitgeber rechnen mit „teuren Auswirkungen“. Wenn künftig alle Beschäftigten der Kommunen 30 Urlaubstage haben, fehlen 1,6 Millionen Arbeitstage. „Dies bedeutet Mehrkosten von rund 250 Millionen Euro jährlich“, hieß es. Insgesamt beschäftigt der öffentliche Dienst hierzulande 2,7 Millionen Personen. Auswirkungen auf die aktuelle Tarifrunde hat das Urteil nicht, da die Urlaubsdauer im Manteltarif geregelt wird und nicht im Entgelttarif, um den derzeit gestritten wird. Am Dienstag beteiligten sich wieder Zehntausende an Warnstreiks, diesmal mit Schwerpunkten in Hessen und Bayern. An diesem Mittwoch gibt es Streiks auch in Berlin, unter anderem bei der Stadtreinigung, einigen Vivantes-Kliniken und den Bäderbetrieben.

Das Bundesarbeitsgericht erklärte, eine tarifliche Staffelung nach Lebensalter „verfolgt nicht das legitime Ziel, einem gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Menschen Rechnung zu tragen. Ein gesteigertes Erholungsbedürfnis von Beschäftigten bereits ab dem 30. bzw. 40. Lebensjahr ließe sich auch kaum begründen“. Der Urlaub der wegen ihres Alters diskriminierten Beschäftigten müsse so nach oben angepasst werden, dass auch ihr Urlaubsanspruch 30 Arbeitstage betrage.

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