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Panamera

© dpa

Panamera: Das falsche Auto zur falschen Zeit vom falschen Manager

Porsche startet heute in Leipzig die Produktion des Panamera. Der Präsentation des viertürigen Oberklassewagens gingen einige Boshaftigkeiten voraus.

Berlin - Heute müssen sich Journalisten entscheiden – zwischen Porsche oder VW. Entweder sie fahren nach Leipzig oder nach Wolfsburg. Um 11 Uhr startet im Leipziger Porsche-Werk die Produktion der viertürigen Sport-Limousine Panamera. Eine halbe Stunde später präsentiert VW in der Autostadt das Kongressprogramm zur Vorstellung des neuen VW Polo für 11 000 Händler und Importeure aus aller Welt. An einem Tag bieten die in herzlicher Feindschaft verbundenen Autobauer protzigen Luxus bei Porsche und Kleinwagen-Prosa bei VW. Ein Zufall?

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking könnte die Aufmerksamkeit der Medien schon deshalb genießen, weil es diesmal nicht vorrangig um sein Gehalt, die Finanzprobleme des Sportwagenbauers oder den Streit mit Ferdinand Piëch geht. Doch selbst beim Panamera-Produktionsstart, an dem Wiedeking persönlich nicht teilnimmt, dürfte Porsche von seinen Problemen eingeholt werden.

Das falsche Auto vom falschen Manager zum falschen Zeitpunkt – auf diese Formel lassen sich die Boshaftigkeiten bringen, die der Präsentation der viertürigen Porsche-Oberklasse vorausgingen. Einen 500-PS-Boliden für 100 000 Euro mitten in der Krise vorfahren zu lassen, das sei bestenfalls ungeschickt, hieß es. Und ausgerechnet in Leipzig. Für das 2002 eröffnete Werk hatte Porsche auf Subventionen in Höhe von 50 Millionen Euro verzichtet. „Luxus und Stütze – das passt nicht zusammen“, hatte Wiedeking getönt. 2004 verlieh ihm der Steuerzahlerbund dafür den sächsischen Steuerzahlerpreis. Fünf Jahre später verhandelt Porsche-Finanzchef Holger Härter mit der staatlichen Förderbank KfW über einen Milliardenkredit, weil sich Porsche bei der VW-Übernahme verspekuliert hat. Hilfe könnte auch aus Arabien kommen: Das Emirat Katar denkt über einen Einstieg bei Porsche nach.

Zu den massiven Finanzproblemen im Konzern kommt für Wiedeking nun ein neues Risiko hinzu: Den hohen Entwicklungskosten für den Panamera von einer Milliarde Euro stehen nach Meinung einiger Experten unsichere Ertragsaussichten gegenüber. 20 000 Panameras will Wiedeking pro Jahr verkaufen. Gregor Matthies, Autoexperte beim Beratungsunternehmen Bain, hält dieses Absatzziel für „sehr ambitioniert“ und verweist auf deutlich niedrigere Verkaufszahlen heutiger Wettbewerber wie Mercedes CLS AMG, BMW M6 oder Maserati Quattroporte. „Porsche will vom Panamera so viel verkaufen wie alle Wettbewerber zusammen“, gibt der Berater zu bedenken. Er räumt ein, dass Porsche beim Timing Pech hatte. „Als der Panamera beschlossen wurde, war die Krise noch nicht absehbar.” Doch den Produktionsstart hätte der Sportwagenbauer möglicherweise schieben können, um den Panamera gleich als Hybrid- oder Dieselversion auf den Markt zu bringen. Porsche hält den Zeitpunkt hingegen für ideal. 20 000 Fahrzeuge pro Jahr, das sei ambitioniert, „aber sicher zu schaffen“, sagt ein Sprecher, der gar ein Marktpotenzial für Oberklasse-Fahrzeuge von einer Million ausgerechnet hat – „in normalen Zeiten”. Über die Zahl der Vorbestellungen, normalerweise gern kommuniziert, schweigt er. „Es ist noch zu früh, darüber Auskunft zu geben.“ Stattdessen rühmt er die extrem effizienten Produktionsabläufe im Leipziger Werk, „dem weltweit modernsten in der Autoindustrie”. Die Lagerhaltung werde auf „Stundenniveau” reduziert, jedes Auto werde auf Bestellung produziert.

In Sachsen freut man sich über den Optimismus des angeschlagenen Sportwagenkonzerns. „Ein Unternehmen wie Porsche wird sich bei langfristigen Entscheidungen nicht von temporären Konjunkturschwankungen irritieren lassen”, glaubt Wirtschafts-und Arbeitsminister Thomas Jurk (SPD). Erste Reaktionen auf den Panamera zeigten, dass das Auto ein Erfolg werde. Porsche werde deshalb „grundsätzlich” an seiner Zusage für 600 Neueinstellungen festhalten. „Leipzig und der dort produzierte sportliche Geländewagen Cayenne sind eine absolute Erfolgsstory“, sagt Jurk.

Der örtliche Betriebsrat pflichtet dem Minister bei. „Ich würde nicht sagen, dass der Panamera zur falschen Zeit kommt”, sagt Betriebsratschef Knut Lofski. Aus Sicht der Beschäftigten sei das Auto schon deshalb „völlig richtig, weil es den Standort sichert“. Wie schon beim Geländewagen Cayenne hätte VW am vorausgesagten Erfolg einen erheblichen Anteil. Die Panamera-Karosserie wird bei VW in Hannover gefertigt, die Elektronik wurde mit Audi entwickelt. Dies sei „Ausdruck der industriellen Logik einer engeren Verbindung von VW und Porsche“, sagt Autoanalyst Christian Breitsprecher von Sal. Oppenheim. „Krise hin oder her, Porsche braucht das Auto, um seine Produktpalette nach oben zu erweitern.“

Die Zusammenarbeit mit VW ermögliche Porsche eine „deutliche Profitabilitätssteigerung“. Dies werde sich vor allem 2010 auszahlen, wenn das Sportwagengeschäft noch stärker als 2009 leide. Braucht VW Porsche oder Porsche VW? Die Terminüberschneidung am Dienstag hat eine ungewollte Symbolik – auch wenn Porsche niemals einräumen würde, dass sich Teile des VW Polo in der Sportlimousine Panamera finden.

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