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Nichts rollt bei der Deutschen Bahn wie es sollte, dem Unternehmen fehlt hierzu genügend Personal.

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Personalengpass und Zugchaos: Deutsche Bahn fährt in die Personal-Sackgasse

Nach den Pannen rund um das Mainzer Stellwerk fällt auf: Deutschlandweit hat die Bahn einen Personalengpass. Eine weitere Baustelle ist schon in Sicht. Laut der Gewerkschaft GDL sollen mindestens 800 Lokführer fehlen. Nun mischt sich auch die Kanzlerin ein.

Der Personalengpass in den Stellwerken, der zu Chaos und Zugausfällen bei der Deutschen Bahn (DB) geführt hat, besteht nicht nur in Mainz. Dort soll erst ab dem letzten Augustwochenende der gesamte Verkehr wieder nach dem regulären Fahrplan fahren – es sei denn, es gibt weitere Krankheitsfälle im Stellwerk. „Für das Stellwerk Mainz bildet die DB kurzfristig neun weitere Mitarbeiter aus, die sukzessive als Fahrdienstleiter zum Einsatz kommen“, kündigte Frank Sennhenn, Vorstandschef der DB Netz AG, nach einem Krisentreffen mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Dienstag an. „Zusätzlich werden bundesweit 340 neue Fahrdienstleiter eingestellt, sodass 2013 rund 600 neue Mitarbeiter für diese Aufgaben zur Verfügung stehen“, sagte Sennhenn weiter.

Bahn-Chef Grube macht Personalprobleme zur Chefsache

Nach Ansicht der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) fehlen bei der Bahn zudem auch mindestens 800 Lokführer. Man werde im nächsten Tarifvertrag mit dem Unternehmen eine verbindliche Personalplanung vereinbaren, kündigte der GDL-Chef Claus Weselsky an. Die bislang vereinbarten Einstellungsquoten reichten nicht aus, um die Abgänge der kommenden Jahre zu kompensieren. In den vergangenen Jahren sei die Zahl der Überstunden bei den aktuell rund 22 500 Lokführern auf mehr als drei Millionen Stunden in diesem Jahr angewachsen. Auch bei den privaten Bahnen mit rund 4500 Lokführern fehlten rund 200 Stellen. Bahnchef Rüdiger Grube werde die Personalprobleme zur Chefsache machen und am heutigen Mittwoch mit dem Vorstand der Gewerkschaft in Frankfurt am Main darüber sprechen, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa.

Angela Merkel sieht ein "ernstes Problem" bei der Bahn

Nun meldete sich auch die Kanzlerin zu Wort: Angesichts der massiven Zugausfälle bei der Bahn fordert sie eine Lösung für die Personalprobleme des Unternehmens. „Ich kann nur unterstützen und unterstreichen, dass hier was unternommen werden muss“, sagte Merkel am Dienstagabend im Interview mit den Sendern Phoenix und Deutschlandfunk. Die Bahn sei für viele Menschen „lebenswichtig“, um ihren Arbeitsplatz erreichen zu können.
„Deswegen halte ich das für ein sehr ernstes Problem“, sagte die Kanzlerin.

Ohne Verzögerung im Abfahrtsplan rollen derzeit in Deutschland eigentlich nur die Spielzeugeisenbahnen wie diese hier im Miniatur Wunderland in Hamburg.
Ohne Verzögerung im Abfahrtsplan rollen derzeit in Deutschland eigentlich nur die Spielzeugeisenbahnen wie diese hier im Miniatur Wunderland in Hamburg.

© dpa

Der Druck auf die Bahn wächst. „Ein Teilnehmer hat vorhin auch gesagt, aus dem ganzen Chaos in Berlin mit den S-Bahnen hat man relativ wenig gelernt. Und ich denke, das ist der eigentliche Skandal, dass wir heute in der Situation stehen, dass wir sehen, wie ein Bahnhof zusammenklappt“, sagte Ministerpräsidentin Dreyer am Dienstag.

Bei der Bundesnetzagentur läuft schon ein Verfahren

Tatsächlich sind die Personalprobleme in den Stellwerken der Bahn nicht neu. „Wir haben die ersten Beschwerden anderer Verkehrsunternehmen bereits im Oktober vergangenen Jahres erhalten“, sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur. Zunächst seien unter anderem Zwickau, Bebra und Friedrichssegen betroffen gewesen. Man habe die Bahn dazu bereits im Mai angehört. Seither läuft ein Verfahren, das mit einer Zwangsgeldandrohung von maximal 500 000 Euro verbunden ist, falls die Bahn anderen Unternehmen keinen diskriminierungsfreien Zugang zum Netz gewährleisten kann. Die Bundesnetzagentur soll dafür sorgen, dass der Wettbewerb auf der Schiene funktioniert.

Das Eisenbahnbundesamt wiederum überwacht, dass die Bahn ihrer Verpflichtung nachkommt, „ihre Infrastruktur in einem betriebssicheren Zustand für den Eisenbahnverkehr vorzuhalten“. Daher wies die Behörde die Bahn jetzt an, „den uneingeschränkten sicheren Betrieb des Stellwerks Mainz unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, wieder aufzunehmen und besetzungsbedingte Ausfälle zukünftig zu verhindern“. Zudem hat das Amt die Bahn verpflichtet, fortlaufend über ihre Maßnahmen zu berichten.

Die Bahn investiert in elektronische Stellwerke

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), in dem rund 600 Unternehmen organisiert sind, darunter auch die DB Netz AG, berichtet, dass mehrere Mitgliedsfirmen wegen des fehlenden Personals in den Stellwerken Probleme haben. „In erster Linie ist der Güterverkehr betroffen“, sagte ein VDV-Sprecher. Erste Anzeichen habe es bereits vor Monaten gegeben, vor allem in Hessen. Die Bahn investiere unter anderem massiv in elektronische Stellwerke, die weitgehend automatisch arbeiten. Aber diese Lösung sei eben nicht kurzfristig verfügbar. (mit AFP)

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