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Wirtschaft: Politik maßregelt die Deutsche Börse

Hessen ist gegen das neue Fusionsangebot. Es stößt auch am Finanzplatz Frankfurt auf Skepsis

Frankfurt am Main – Das Land Hessden droht der Deutschen Börse angesichts ihrer erneuten Zugeständnisse im Übernahmepoker um die Euronext mit einer Blockade. „Jetzt ist aus meiner Sicht die Führung der Deutschen Börse AG einen entscheidenden Schritt zu weit gegangen“, sagte Ministerpräsident Roland Koch (CDU) am Dienstag in Wiesbaden. Die Interessen des Finanzplatzes Frankfurt seien mit der neuen Offerte nicht mehr gesichert. Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU) ergänzte, das Land könne sich durchaus gegen die Transaktion stellen.

Der Präsident der Frankfurter Industrie- und Handelskammer (IHK), Joachim von Harbou, warnte, der Finanzplatz dürfe sich nicht unter Wert verkaufen. Er sei gegen einen Zusammenschluss „um jeden Preis“. Auch aus Bankenkreisen hieß es, man sei erstaunt „über die großen Zugeständnisse, die einem kleineren Partner gemacht werden“. Skeptisch beurteilen auch Arbeitnehmervertreter die Entwicklung. Die Sorgen mit Blick auf die Arbeitsplätze seien nicht kleiner geworden, hieß es am Dienstag.

Die Deutsche Börse hatte am Montagabend angeboten, sogar auf ihr bewährtes und weltweit gelobtes Computerhandelssystem Xetra zu verzichten, und pocht auch nicht mehr darauf, dass Frankfurt operativer Sitz des fusionierten Unternehmens wird. Entgegen früheren Vorschlägen soll Euronext jetzt auch den Aufsichtsratschef stellen. Der Chef der Deutschen Börse, Reto Francioni, deutete am Montagabend zudem an, dass dem Chef des Kontrollgremiums auch ein doppeltes Stimmrecht angeboten werden könne.

Nach wie vor plädiert die Deutsche Börse für die Bildung einer Holding mit Sitz in Amsterdam. Der Aktienhandel soll von Paris aus geführt werden, der Derivate-Handel aus Frankfurt. In einer föderalen Struktur sollen die Börsen in Paris, Frankfurt, Amsterdam, Lissabon und Brüssel und die auch zu Euronext gehörende Terminbörse Liffe in London wie bisher weiter arbeiten. Francioni möchte auch die Börse in Mailand für den Verbund gewinnen. „Die finanziellen Konditionen der Transaktion bleiben unverändert“, stellte er klar. Doch schloss Aufsichtsratschef Kurt Viermetz nicht aus, dass die Deutsche Börse doch noch nachbessert. Derzeit bietet sie den Euronext-Aktionären 8,6 Milliarden Euro, davon 870 Millionen Euro in bar. Die New Stock Exchange offeriert der Vereinbarung mit dem Euronext-Management zufolge acht Milliarden Euro, davon rund 2,4 Milliarden Euro in bar.

Auf dem Frankfurter Börsenparkett selbst wird vor allem die Aufgabe von Xetra kritisch gesehen. „Das ist ein stabiles und zuverlässiges System, das gibt man nicht einfach auf“, sagt ein Händler.

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