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Politikerkarrieren: Das Leben nach dem Mandat

Nach der Wahl müssen sich einige Abgeordnete neue Arbeitgeber suchen. Nur wenigen gelingt eine Karriere in der Wirtschaft. Hoffnung bestünde zum Beispiel für Peer Steinbrück.

Nach den Wahlen stehen etliche Abgeordnete ohne Mandat da und müssen sich auf Jobsuche begeben. Viele von ihnen wollen dabei nicht in ihren gelernten Beruf zurück – sofern sie je einen ausgeübt haben – und liebäugeln mit einem Posten in der Wirtschaft. Oft vergebens. „Eine lukrative Karriere im Big Business ist nur einer kleinen Gruppe ehemaliger Spitzenpolitiker vorbehalten“, hat Michael Edinger von der Universität Jena ermittelt. Der Wissenschaftler befragte rund 800 Parlamentarier, die zwischen 1991 und 2007 aus dem Bundestag oder aus Landesparlamenten ausgeschieden sind.

„Peer Steinbrück gehört zu den wenigen, für die jetzt ein fliegender Wechsel in die Vorstandsetagen großer multinationaler Unternehmen möglich ist“, meint Edinger. Vorerst will der scheidende Bundesfinanzminister sein Mandat jedoch behalten. Gut im Geschäft sind derzeit vor allem prominente Ehemalige. Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) arbeitet als Berater der europäisch-russischen Pipeline Nord Stream. Sein früherer grüner Außenminister Joschka Fischer berät die Konzerne RWE und OMV im Konsortium des Pipelineprojekts Nabucco sowie den Autobauer BMW.

Das Beispiel zeigt: Politische Couleur spielt kaum eine Rolle bei einer Karriere in der Wirtschaft. Im Gegenteil: Energie- oder Autokonzerne schmücken sich für ihr Image gerne mit Umweltaktivisten.

Der Status allein nutzt Ex-Mandatsträgern jedoch wenig. „Worauf die Wirtschaft Wert legt, ist Erfahrung in Führung und Management, etwa als Staatssekretär oder Minister“, betont Peter Herrendorf, Deutschland-Chef der Headhunter-Firma „Odgers Berndtson“. Die aber fehle den meisten Abgeordneten. Die Chancen würden dagegen steigen, wenn sie Expertise aus wirtschaftsrelevanten Ausschüssen mitbringen.

Mit einem Pfund können fast alle Abgeordneten wuchern: „Sie sind in der Regel gute Kommunikatoren und geschickte Netzwerker“, sagt Tiemo Kracht von der Personalberatung Kienbaum. Sie könnten sich zudem in extrem komplexen Organisationen zurechtfinden, lobt Herrendorf. Wissenschaftler Edinger betont: „Das nützlichste Wissen langjähriger Mandatsträger ist die Abkürzung des formellen Dienstwegs über persönliche Kontakte.“ Unternehmen suchten Schnittstellenmanager zwischen Politik und Wirtschaft, etwa um die Gesetzgebung zu beeinflussen, sagt Kracht.

Beispiele für einen erfolgreichen Übergang sind die einstige grüne Gesundheitsministerin Andrea Fischer, die seit drei Jahren den Bereich Gesundheit der PR-Agentur Pleon leitet oder die ehemalige Staatsministerin Hildegard Müller (CDU), die heute beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft arbeitet. Die wenigsten schaffen es jedoch in eine operative Funktion in einem Unternehmen. Ausnahmen waren Lothar Späth (CDU) bei Jenoptik oder Hans Martin Bury (SPD). Der hatte allerdings Pech: Sein Arbeitgeber war die US-Pleitebank Lehman Brothers. (hea/kteHB)

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