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In der Zwickmühle. Portugals Finanzminister Fernando Teixeira muss die von der EU erzwungenen Sparmaßnahmen im eigenen Land durchsetzen.

© AFP

EU-Rettungsschirm: Portugal braucht 80 Milliarden Euro

In Gödöllo diktierten die EU-Finanzminister die Bedingungen, zu denen Portugal Geld aus den EU-Hilfstöpfen bekommt. Die Ansprüche sind hoch: Portugal muss seinen Arbeitsmarkt umkrempeln, den Staat entschlacken und Schulden abbauen.

Die humorfreie Tonlage hatte der finnische Finanzminister schon am Morgen vorgegeben. „Das portugiesische Sparpaket muss sehr strikt sein“, sagte Jyrki Katainen, als er am Freitag den ungarischen Königspalast von Gödöllo betrat. Dort tagte er mit seinen EU-Amtskollegen, und natürlich ging es um die Bedingungen, zu denen Portugal Geld aus den EU-Hilfstöpfen bekommt. Das Sparprogramm müsse „strenger sein als das Paket, das im Parlament von Lissabon abgelehnt worden ist“, forderte Katainen.

Die Portugiesen sollen also stärker sparen, als es Ministerpräsident José Socrates Anfang März vorgeschlagen hatte, der eben darüber sein Amt verlor. Jetzt jedoch können die Euro-Staaten die Bedingungen diktieren, da Portugal nun auch offiziell einen Antrag auf europäische Hilfe gestellt hat. Rund 80 Milliarden Euro sollen es sein, wie EU-Währungskommissar Olli Rehn am Freitag verkündete. Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird etwa ein Drittel der Portugal-Hilfen stemmen. Die restlichen zwei Drittel, also etwa 54 Milliarden Euro, werden von den Europäern übernommen.

Europas Finanzminister fackelten denn auch nicht lange und machten für die nun sofort beginnenden Gespräche zwischen Portugal und der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds klare Vorgaben. Das Land müsse „über die bisherigen Vorschläge hinausgehen“, hieß es in Kreisen der Kommission.

Hilfe gibt es demnach nur, wenn ein Sparprogramm dazu führt, dass die bereits vereinbarten Zielmarken bei der Defizitquote von maximal 4,6 Prozent im nächsten und zwei Prozent im übernächsten Jahr auch wirklich erreicht werden. Außerdem muss Portugal Reformen vor allem auf dem Arbeitsmarkt einleiten. Die Regierung soll zudem ein „ambitioniertes Privatisierungsprogramm“ erarbeiten. Aus dem Erlös des Verkaufs von Staatsbesitz soll der Schuldenstand verringert werden. Letzte unmissverständliche Vorgabe: Die Bankenlandschaft muss umgebaut werden. Er sei sicher, dass ein Teil des Geldes aus dem Euro-Rettungsschirmes direkt in die Stützung dieses Sektors fließen müsse, befand Kommissar Rehn. Am 16. Mai soll die Euro-Gruppe das bis dahin ausgearbeitete Reformprogramm absegnen. Dass es trotz der drastischen Schritte auch „die wirtschaftliche und soziale Stellung der Bürger schützen“ soll, wie es in der Ministererklärung heißt, dürfte die Portugiesen kaum trösten.

Wer überhaupt für sie sprechen kann, war eine der zentralen Fragen am Freitag. Seit Socrates’ Rücktritt am 23. März ist die Regierung nur noch geschäftsführend im Amt. Neu gewählt wird erst am 5. Juni. Gleichzeitig benötigt das Land aber schon Anfang Juni neun Milliarden Euro, um seine Schulden bedienen zu können. Deshalb werden die Verhandlungsführer auch die portugiesische Opposition in die Gespräche mit einbeziehen. „Wir wollen sicher sein, dass sie die Verpflichtungen übernimmt, sollte sie Regierungspartei werden“, sagte Jean-Claude Juncker, Luxemburgs Premier und Chef der Euro-Gruppe. In der Ministererklärung ist von einer „parteiübergreifenden Vereinbarung“ die Rede. Portugals Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos warb ebenfalls um Konsens: „Wir brauchen die Bereitschaft nicht nur der Regierung, sondern des ganzen Landes.“

Dennoch konnten auch die Minister nicht wegdiskutieren, dass sich die Euro- Gemeinschaft in der Grauzone demokratischer Legitimität bewegt. Juncker sprach von einem „politischen Problem“, da Geld fließen muss, ehe ein neues Parlament in Lissabon das Reformprogramm beschließen kann. Schwedens Kassenwart wurde deutlicher. Ihn ärgert offensichtlich, dass man nun in diese vertrackte zeitliche Situation gekommen ist: „Die Portugiesen haben viel Zeit verloren“, sagte Anders Borg. „Sie hätten diese Entscheidungen schon vor Monaten treffen sollen.“

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