zum Hauptinhalt
Idylle zu verkaufen. An diesem Mittwoch soll der Bahn-Aufsichtsrat ein Angebot für Arriva – hier ein Zug in Wales – absegnen.

© mauritius

Bahn will Arriva kaufen: Pünktlich wie die Briten

Der britische Verkehrskonzern Arriva, den die Deutsche Bahn kaufen will, gilt in der Branche als Perle.

Londoner sehen das Logo aus dem Augenwinkel, wenn sie in einen roten Doppeldeckerbus steigen. „Arriva. Serving London“. Im Dienste Londons – das strömt Vertrauen aus, ebenso wie der Firmenname. Das Kunstwort „Arriva“ signalisiert, dass man mit dieser Firma auch wirklich ankommt. Erfunden wurde es 1997, als ein bunter Strauß britischer Busfirmen unter dem Arriva-Logo und einem straffen Management zusammengeschweißt wurde. Mittlerweile ist das Unternehmen zum begehrten Objekt geworden. Die Deutsche Bahn will es für 2,7 Milliarden Euro kaufen – an diesem Mittwoch soll der Aufsichtsrat des Staatskonzerns das Geschäft absegnen.

Es wäre der teuerste Zukauf in der Geschichte der Bahn. Die Briten sind keine kleine Nummer: 44 000 Menschen arbeiten in zwölf Ländern für das Unternehmen, es ist einer der größten privaten Anbieter auf dem Kontinent. Offen ist, ob es weitere Bieter geben wird. Frankreichs Staatsbahn SNCF ist interessiert, kann einen Kauf wegen klammer Kassen aber womöglich nicht stemmen. Billig ist Arriva nicht. „Das Angebot der Bahn müsste noch einen Tick höher liegen“, heißt es bei einem der Fonds, die die Arriva-Aktien besitzen.

Arriva ist mit einer aggressiven Strategie gewachsen, als überall in Europa die Monopole fielen. Heute liegt der Umsatz bei 3,3 Milliarden Euro, der Gewinn bei 170 Millionen. Insider glauben, dass eine solche Expansion heute nicht wiederholbar wäre – das macht Arriva so wertvoll. Die Bahn-Manager glauben, dass bald nur noch eine Handvoll Konzerne den 200 Milliarden Euro schweren Verkehrsmarkt Europas beherrschen.

Die Bahn hat den als lukrativ geltenden britischen Markt schon länger im Visier. Sie betreibt den Regionalanbieter Chiltern Railway, ist an der Londoner Overground Eisenbahn beteiligt und träumt davon, Züge vom Kontinent durch den Kanaltunnel direkt nach Nordengland zu schicken. Die Gefahr, dass sich die Bahn englischen Schlendrian und Unpünktlichkeit einkauft, sehen Branchenkenner nicht. Die englischen Bahnen haben ihre Pünktlichkeit zuletzt stetig verbessert, im März waren es erstaunliche 92 Prozent.

Arriva ist auch in Deutschland aktiv, mit der Vogtlandbahn, der Regentalbahn oder den Osthannoverschen Eisenbahnen. Auch die Prignitzer Eisenbahn in Brandenburg gehört zu Arriva. Und die Odeg, wo die Briten mit einem Partner beteiligt sind, bekamen unlängst den Zuschlag für umsatzstarke Aufträge im Regionalverkehr um die Hauptstadt. Allerdings wird die Bahn die deutsche Sparte auf Druck der EU wohl verkaufen müssen, wenn sie bei Arriva zum Zug kommt.

In Großbritannien ist Arriva der drittgrößte Busunternehmer und das zweitgrößte Transportunternehmen. Auch eines der umfangreichsten Eisenbahnnetze der Insel gehört zu Arriva: Cross Country, deren Züge quer durch das Königreich von Penzance im Südwesten über den Knotenpunkt Birmingham nach Aberdeen im Norden Schottlands fahren.

All das begann 1938 in Sunderland im Nordosten Englands, wo Arriva bis heute sein Hauptquartier hat. T.S. Cowie gründete damals ein Geschäft für gebrauchte Motorräder. Den Krieg überlebte es nicht, aber sein Sohn Tom Cowie begann 1948 noch einmal, diesmal ging es nur bergauf. 1960 kamen Autos dazu, 1972 eine Leasinggesellschaft. Als Cowie 1980 die Londoner Grey Green Coach and Bus Company übernahm, war er in einer guten Position, um von den anstehenden Privatisierungswellen zu profitieren. Bis zuletzt war es das stabile Busgeschäft, das Arrivas Wachstum vorangetrieben hat und das auch in der Rezession stabil lief. Die Manager um Vorstandschef David Martin dürften mit den neuen deutschen Eignern gut leben können – die Bahn will sie im Amt belassen. mit brö

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false