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Wirtschaft: Rabatte ohne Ende

Für den Schlussverkauf versprechen Händler Nachlässe bis zu 80 Prozent. Aber wie günstig sind die Angebote wirklich? So vergleichen Sie selbst

Von Maurice Shahd

und Heike Jahberg

Riesige Prozentzeichen, bunte Werbetafeln und markante Schriftzüge an den Schaufenstern der Geschäfte. Schon seit Wochen überschlagen sich die Händler mit Billigangeboten. Jetzt streben sie dem Höhepunkt der Verkaufssaison entgegen: dem Winterschlussverkauf (WSV). Doch wenn am Montag der Sturm auf die Wühltische mit erneuten Preissenkungen bis zu 80 Prozent beginnt, dürfte so mancher Schnäppchenjäger sentimental werden. Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, ist der diesjährige WSV der letzte.

Der Grund: Mit der Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sollen auch die strengen Regeln für die Schlussverkäufe wegfallen (siehe Kasten). Dann können die Händler selbst entscheiden, wann sie „ihren“ Schlussverkauf durchführen. Verbraucherschützer fürchten, dass die Unsicherheit der Käufer weiter zunimmt. Nach der Rabattflut des vergangenen Jahres wisse kaum noch ein Kunde, für welches Produkt welcher Preis angemessen ist.

Rabatte oft beschränkt

Zudem halten nicht alle Rabatte, was sie versprechen. Oft sind die Preissenkungen an Einschränkungen geknüpft, die Kunden schnell übersehen. Das gilt vor allem für Rabatt-Coupons, die ausgeschnitten und an der Kasse vorgelegt werden müssen. Manche Ermäßigungen gibt es nur auf bereits reduzierte Ware, andere ausschließlich auf den Normalpreis. Rabatte auf bestimmte Segmente schließen oft einzelne Produkte aus: 20 Prozent Ermäßigung auf Sportbekleidung heißt nicht, dass auch Laufschuhe reduziert sind. Oder Rabatte bei Kinderbekleidung kann man für bestimmte Marken nicht in Anspruch nehmen. Käufer, die diese Feinheiten übersehen, erleben an der Kasse eine böse Überraschung.

Angesichts der Rabattschlacht im Handel wächst bei den Kunden das Misstrauen. „Die Konsumenten glauben keinen Preis mehr“, sagt Handelsexperte Volker Dölle, „die Konsumenten verlieren das Gefühl dafür, welcher Preis angemessen ist.“ Kein Wunder, dass die Konsumenten nach einer Orientierung suchen, um zu erfahren: Sind die vermeintlichen Schnäppchen wirklich günstig?

Preisdatenbanken: Bei der Preisrecherche helfen Preisdatenbanken im Internet. Sie versprechen, per Mausclick eine Übersicht der günstigsten Angebote zu liefern – kostenlos. Zwei Monate lang testete die Stiftung Warentest unterschiedliche Anbieter und kam zu dem Schluss, dass die Datenbanken bei der Preisrecherche eine „wunderbare Hilfe“ seien (test 10/2002). Besonders empfehlenswert nach Meinung der Tester: www.evendi.de , www.guenstiger.de , www.preistrend.de , www.geizhals.de , www. idealo.com und www.preissuchmaschine.de .

Preisagenturen: Sie werben damit, für jedes beliebige Produkt einen günstigen Preis herauszufinden beziehungsweise herauszuschlagen. Allerdings wird für die Leistung der Agentur ein Honorar fällig. Empfehlung der Stiftung Warentest: Verbraucher sollten lieber auf die kostenlosen Internet-Datenbanken zurückgreifen.

Stiftung Warentest: Die Berliner Verbraucherschützer führen bei ihren Produkttests auch Preiserhebungen durch. Für die getesteten Waren werden Preisspannen und ein mittlerer Preis veröffentlicht. Allerdings berücksichtigen die Tester bei ihren Recherchen nur Normalpreise, Sonderangebote bleiben außen vor.

Unverbindliche Preisempfehlu ng: Eine Richtschnur für Verbraucher können auch die unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP) der Hersteller sein. In aller Regel bilden diese die obere Grenze dessen, was im Laden verlangt wird. Je schnelllebiger ein Artikel, desto zügiger rutscht der Preis unter die Herstellerempfehlungen. Dagegen sind die UVP bei Produkten, die nicht verramscht werden, recht verbindlich. So werden die Herstellerempfehlungen bei Laufschuhen oft eingehalten.

Waren, die schon vor dem Schlussverkauf reduziert waren, müssen noch einmal deutlich verbilligt werden, wenn sie im WSV angeboten werden. Das verlangt die Rechtsprechung. Und das verspricht auch der Handel. In diesem Winter wollen sich die großen Handelsketten im Schlussverkauf noch einmal richtig ins Zeug legen. „Trotz der vielen Rabattaktionen der letzten Monate ist noch Spielraum in den Preisen“, sagt Volker Dölle. Wie am Ende eines jeden Winters wollen die Händler ihre Lager räumen, um für die aktuellen Frühjahrskollektionen Platz zu machen. „Da zählt nur eines: Alles muss raus“, sagt Dölle. Peek & Cloppenburg verspricht Preissenkungen für die Winterware bis zu 40 Prozent, Kaufhof bis 60 Prozent und C & A sogar bis 80 Prozent.

Fest steht: Mit dem Wegfall der Regeln für den Schlussverkauf wird die Einkaufswelt noch etwas bunter. Das bislang geltende Recht erlaubt Preissenkungen auf das gesamte Sortiment nur während der zwei Schlussverkaufsperioden, nur für den Zeitraum von zwölf Tagen und nur auf Saisonwaren wie Bekleidung. Künftig können die Händler ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Rabatt-Aktionen wie von C & A anlässlich der Euro-Einführung oder von Karstadt während der Fußball-WM sind dann kein Problem mehr. Im vergangenen Jahr waren die Firmen dafür noch abgemahnt worden.

Endgültig Schluss mit den Schlussverkäufen ist aber auch nach der UWG-Reform nicht, heißt es in der Branche. Die Firmen wollen ihre Lager räumen. Zudem sei der Winterschluss fest im Bewusstsein der Menschen verankert, meint Karstadt-Sprecher Michael Scheibe. Deshalb werde der diesjährige WSV nicht der letzte Schlussverkauf sein. Scheibe kann sich vorstellen, dass sich die Händler künftig auf regionaler Ebene verständigen, wann ein gemeinsamer Schlussverkauf durchgeführt wird. Dass sich die Händler in Zeiten der Konsumflaute auf ein gemeinsames Vorgehen einigen werden, glaubt Handelsexperte Dölle nicht: „Die Lage im Handel ist zu bedenklich. Da wird jeder der erste sein wollen, der mit den Preisen runtergeht.“

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