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Wirtschaft: Rätselraten um den neuen DIW-Präsidenten

BERLIN .Die Suche nach dem neuen Präsidenten für das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin ist abgeschlossen - im Prinzip.

BERLIN .Die Suche nach dem neuen Präsidenten für das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin ist abgeschlossen - im Prinzip.Vor 14 Tagen konferierte die Berufungskommission und stellte die Wunschliste zusammen.Das Kuratorium, das den Präsidenten anstellt, sollte sofort mit den Favoriten verhandeln - mit den beiden Ökonomen Axel Börsch-Supan und Gert Wagner.Optimisten sprachen seinerzeit von einer schnellen Kür.

Daraus wurde nichts.Das Bundesfinanzministerium machte seinen Einfluß geltend.Oskar Lafontaine suchte für seine Wirtschafts- und Finanzpolitik Schützenhilfe aus der Wissenschaft - und guckte sich dafür das DIW, die wissenschaftliche Heimat seines Staatssekretärs Heiner Flassbeck, aus.Zudem waren zwei der drei letzten Präsidenten SPD-Mitglieder - und immer für Unterstützung sozialdemokratischer Ansichten gut.

Der Posten wurde zum Politikum.Zwar versuche die Politik traditionell, "die Entscheidungen um die Spitze der Forschungsinstitute zu beeinflussen", sagt Manfred Neumann, Chef des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium.Denn der Bund finanziert diese Einrichtungen zum Teil.Weil sie sogenannte Grundlagenforschung betreiben, erhalten sie einen Großteil ihres Budgets von der öffentlichen Hand.

Doch die prominent besetzte Berufungskommission reagierte verschnupft auf die Bonner Intervention.Man habe schließlich viel Zeit aufgebracht, einen geeigneten Nachfolger für Lutz Hoffmann zu finden.Allein Ende Februar tagte die Kommission zweieinhalb Tage am Stück, hörte den Vorträgen von fünf zuvor ausgesuchten Kandidaten zu und entschied sich dann für Börsch-Supan und Wagner.

Jetzt ist die Sorge groß, daß die Favoriten abspringen.Schon allein der langwierige Prozeß der Meinungsbildung im Kuratorium beschädige die beiden Bewerber, heißt es.Dabei gelten sie als wissenschaftlich hoch qualifiziert - was zumindest einem Teil der Berufungskommission äußerst wichtig war.Schließlich hat das DIW einen Ruf zu verlieren: Bei der letzten Evaluation durch den Wissenschaftsrat erhielt das Institut eine insgesamt gute Note.Börsch-Supan ist Professor für Makroökonomie und Wirtschaftspolitik an der renommierten Universität Mannheim.Gert Wagner ist Professor für empirische Wirtschaftsforschung und Wirtschaftspolitik an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und zugleich Chef des Sozio-Ökonomischen Panels am DIW.Beide haben einen Nachteil: Sie gelten den neuen Bonner Finanzministerialen als nicht zuverlässig genug.

Kein Wunder: Die politischen Ideen, die aus dem Ministerium kamen, waren in der gesamten Ökonomenzunft höchst umstritten.Das DIW war seit dem Regierungswechsel in Bonn das einzige Wirtschaftsforschungsinstitut, das wenigstens einige der Befürchtungen des neuen Kabinetts teilte.Vor allem die konjunkturelle Entwicklung prognostizierte das DIW ähnlich düster wie Lafontaine.Mit Abstand den geringsten Aufschwung für das laufende Jahr sahen die Ökonomen aus Berlin vorher.DIW-Präsident Hoffmann äußerte zuweilen die Angst vor einer möglichen Deflation, und er befürwortete den Ruf nach Zinssenkungen, der aus Bonn gen Frankfurt zu Bundesbank und Europäischer Zentralbank ging.

Der Wissenschaftsrat verlangt vom DIW ein deutliches Profil, und es ist sogar gewünscht, daß die Berliner Forscher sich unterscheiden - vor allem vom höchst angesehenen Institut für Weltwirtschaft in Kiel.Dessen Ökonomen, allen voran Präsident Horst Siebert, gelten als Forscher in angebotsorientierter Richtung.Das DIW hingegen argumentiert eher keynesianisch, was der Argumentation im Bundesfinanzministerium entgegenkommt.Mit Heiner Flassbeck wurde ausgerechnet der langjährige DIW-Konjunkturchef zum Staatssekretär.

Doch zuständig für die Wirtschaftsforschungsinstitute - und somit auch für den Einfluß auf die Berliner Personalentscheidung - ist der zweite Staatssekretär im Finanzministerium, Claus Noé.Freilich ist schon klar, daß Bundeswirtschaftsminister Werner Müller diese Zuständigkeit wieder an sich reißen will - denn die Verantwortung lag bis zum Regierungswechsel traditionell im Wirtschaftsressort.Da kommt sogar Hoffnung für die DIW-Freunde in der Berufungskommission auf, daß das Kuratorium ihre Entscheidung bald umsetzt.

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