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Wirtschaft: Rating-Ärger lässt Anleger kalt

Bund sammelt Milliarden an den Märkten ein.

Berlin - Trotz des drohenden Verlustes der Top-Bonitätsnote „AAA“ hat sich der Bund am Mittwoch problemlos Geld zu günstigen Konditionen leihen können. Bei der Aufstockung einer fünfjährigen Anleihe sammelte die für das Schuldenmanagement zuständige Finanzagentur bei Investoren 4,1 Milliarden Euro ein. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) machte sich dennoch für mehr Wettbewerb unter den Rating-Agenturen stark und forderte, dies zum Thema auf dem EU-Gipfel zu machen.

Der Bund hätte bei der Auktion auch mehr als den doppelten Betrag einnehmen können – so hoch waren die Gebote der Anleger. Die vorige Auktion war nur 1,5-fach überzeichnet. Der Durchschnittszins stieg zwar von 1,0 auf 1,11 Prozent, ist aber immer noch sehr niedrig: Der Marktzins für vergleichbare französische Papiere liegt doppelt so hoch.

„Die Stellung des Emittenten Bund ist auch durch die aktuellen Debatten nicht beschädigt“, sagte Carl Heinz Daube, Chef der Finanzagentur, mit Blick auf die Drohung von Standard &Poor’s (S&P), Deutschland die Top-Note „AAA“ zu entziehen. Investoren würden weiter Qualität suchen. Die Märkte reagierten erleichtert auf den Erfolg der Auktion. Sie wurde nicht nur wegen des Rating-Schocks mit Spannung erwartet, sondern auch wegen der verpatzten Auktion einer Bundesanleihe vor wenigen Tagen. Dabei war der Bund auf mehr als einem Drittel des angebotenen Volumens sitzen geblieben.

S&P droht derweil nicht nur dem Bund, sondern auch dessen Förderbank KfW mit einer Herabstufung. Die Agentur versah das höchste Bonitätssiegel „AAA“ für das Langfrist-Rating am Mittwoch mit einem negativen Ausblick („credit watch negative“).

Wirtschaftsminister Rösler fordert eine Diskussion über die Rating-Agenturen beim anstehenden EU-Gipfel. „Was wir auf jeden Fall sehen, ist die Notwendigkeit von mehr Wettbewerb bei den Ratingagenturen“, sagte er. Es gehe um mehr Regulierung, mehr Aufsicht und gesetzgeberische Vorgaben. Der Minister nannte die S&P-Entscheidung vom Montagabend „fachlich nicht begründbar“ und beklagte, solche Bewertungen könnten zu Marktturbulenzen und volkswirtschaftlichen Schäden führen. „Um die zu vermeiden, muss man alles dafür tun, auf privatwirtschaftlichem Wege, womöglich im Rahmen einer Stiftung, zu einer Ratingagentur selber zu kommen.“

Um gegen eine mögliche erneute Banken-Schieflage gewappnet zu sein, wird die Regierung in der nächsten Woche den Banken-Rettungsfonds Soffin reaktivieren. Das sagte ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Damit sollten Banken, die sich am Markt nicht genug Geld beschaffen können, vom Staat zur Not per Zwang rekapitalisiert werden. Mit dem Soffin hatte der Bund bereits 2008/2009 Banken gerettet.

Angesichts der schärferen Eigenkapitalanforderungen durch Europas Bankaufsicht EBA brauchen einige Institute erneut Geld. Der Bedarf stieg am Mittwoch von zehn auf 13 Milliarden Euro. Grund: Die EBA will die in die Wege geleiteten milliardenschweren Maßnahmen der NordLB und der Landesbank Hessen-Thüringen zur Kapitalaufstockung nicht anerkennen, weil sie erst nach dem Stichtag Ende September umgesetzt werden oder wurden. Die Banken müssen die Lücke bis Mitte 2012 schließen. Die endgültigen Ergebnisse des Stresstests will die EBA an diesem Donnerstag vorlegen. rtr

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