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Wirtschaft: Rollenwechsel in Babelsberg

Die neuen Eigentümer wollen den Filmstandort erhalten – doch die Arbeitnehmer sind skeptisch

Die neuen Eigentümer der Filmstudios in Babelsberg wollen den Medienstandort offenbar erhalten und vor allem mit Fernsehproduktionen ausbauen. „Es geht weiter mit Babelsberg“, sagte Christoph Fisser, Betreiber der Münchener SAS Studio Atelierbetriebe, dem Tagesspiegel am Mittwoch. „Wir wollen den Filmstandort erhalten, aber wir müssen uns zunächst noch ein genaueres Bild der Lage machen.“ Damit trat Fisser Spekulationen entgegen, die Käufer hätten vor allem ein Interesse an den Immobilien, nicht aber an der Entwicklung des traditionsreichen Filmstandortes. Dennoch herrschte am Mittwoch in Babelsberg Rätselraten über die langfristigen Motive der Investoren.

Fisser hatte am Dienstag zusammen mit Carl Woebcken, Geschäftsführer der Berlin Animation Film GmbH (BAF), die Babelsberger Studios für einen symbolischen Euro von dem französischen Medienkonzern Vivendi übernommen. Die BAF, ein von der Dresdner Bank aufgelegter Filmfonds, soll aber nicht in das Geschäft involviert sein. Woebcken trete vielmehr als privater Investor auf.

Vivendi hatte angekündigt, der Eigentümerwechsel gefährde laufende Filmprojekte in Babelsberg nicht. Die Käufer planten in Zukunft einen Ausbau der TV-Produktionen. Ein Fernsehsender steht nach Tagesspiegel-Informationen aber nicht hinter Fisser und Woebcken. Die Mitbieter für die Studios, die NDR-Tochter Studio Hamburg und das Babelsberg-Management um Thierry Potok, waren leer ausgegangen. Mit dem Verkauf übernimmt Vivendi 18 Millionen Euro Altschulden der Studios.

Eine Vereinbarung der Investoren mit Vivendi sieht vor, dass am kommenden Mittwoch zunächst die Geschäftsführung der Studios und der Betriebsrat informiert werden sollen. „Wir sehen dem Gespräch mit Spannung entgegen“, sagte Studio-Sprecher Felix Neunzerling. „Momentan stellt sich für uns noch die Frage, welche Pläne die neuen Eigentümer haben – auch personell.“

Dem Vernehmen nach ist die Studio-Geschäftsführung verärgert über den undurchsichtigen Verkaufsprozess und die mangelnde Unterstützung der brandenburgischen Landesregierung. Das Potsdamer Wirtschaftsministerium hatte einen Verkauf an Studio Hamburg präferiert. Der Zuschlag für Fisser und Woebcken sei die „unsicherste aller möglichen Alternativen“, hieß es am Mittwoch in Babelsberg.

Der Betriebsrat der Studios reagierte geschockt. „Wir wollen nicht das gleiche Schicksal erleiden wie die Chipfabrik in Frankfurt, der Lausitzring oder Cargolifter“, sagte Betriebsratschef Jan-Peter Schmarje in Anspielung auf spektakuläre Pleiten im Land Brandenburg. Rund 240 Mitarbeiter sind in den jetzt verkauften Studios, dem Art Department und der Vivendi Deutschland GmbH beschäftigt. Studio Babelsberg, wo Filmlegenden wie „Metropolis“ oder „Der blaue Engel“ entstanden und nach der Privatisierung Kino- und TV-Filme produziert wurden, sei auch ein „Symbol für den Aufbau Ost“, sagte Schmarje. Der Betriebsrat plant deshalb, einen offenen Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zu schreiben, um an die Tradition des Standortes zu erinnern und Unterstützung für seinen Erhalt zu fordern.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU), hofft, dass die neuen Eigentümer den Medien- und Filmstandort erhalten und weiterentwickeln. „Ich gehe davon aus, dass sich ein Investor, der sich in Babelsberg engagiert, der Tragweite seiner Entscheidung bewusst ist“, sagte Sprecher Steffen Kammradt. Die Landesregierung sei gegenüber den Käufern unvoreingenommen und „für Gespräche offen“. Konkrete Pläne seien dem Wirtschaftsministerium allerdings noch nicht vorgelegt werden.

Der Babelsberg-Verkauf könnte zum Politikum werden. Das strukturschwache Brandenburg, wo im September Landtagswahlen sind, hatte den Standort mit Fördergeldern und Bürgschaften unterstützt. Befürchtet wird nun, dass Babelsberg nicht nur sein Renommee als Filmstandort verliert, sondern auch das wirtschaftspolitische Engagement umsonst war.

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