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Wirtschaft: Sandkastenspiele in der Deutschen Bank

Kaufen oder gekauft werden: Die Frankfurter Gerüchteküche um eine Großfusion im Bankenlager kocht

Von Rolf Obertreis,

Frankfurt (Main)

Josef Ackermann muss die jüngste Entwicklung und das Gebrodel in der Frankfurter Gerüchteküche aus dem Gerichtssaal in Düsseldorf verfolgen. Während der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie am späten Donnerstagnachmittag nach oben schnellte, saß der Vorstandssprecher auf der Strafbank. So wie seit Ende Januar an zwei Tagen in jeder Woche. Ackermann hat wenig Zeit, die Übernahme-Spekulationen um sein Haus zu bremsen – und muss sich darauf verlassen, dass die Spekulationen von selbst zusammenbrechen. Wie am Freitag, als der Kurs der Deutsche-Bank-Aktie bis Börsenschluss wieder um 1,87 Prozent auf 74,98 Euro nachgab.

Der Citigroup-Chef hatte am Donnerstag einen Besuch in Frankfurt gemacht. Was für einige Börsianer schon Grund genug war, die Deutsche Bank und ihren Chef in den Fängen der größten Bank Amerikas zu sehen. 90 Euro für jede Deutsche Bank-Aktie wollten die Amerikaner angeblich zahlen, was insgesamt rund 52 Milliarden Euro entsprechen würde. Immerhin. Aber wieder einmal hieß es: Alles nur Gerüchte. Und die Börse reagierte mit so genannten Gewinnmitnahmen.

Auffällig ist gleichwohl, dass seit Wochen der Name der Deutschen Bank fällt, wenn es um Übernahmen geht. Entweder ist von der Citigroup die Rede – mit deren neuem Chef Charles Prince sich Vorstandssprecher Josef Ackermann im Januar in New York getroffen haben soll – oder die Credit Suisse kommt ins Gespräch, der frühere Arbeitgeber Ackermanns. Es sind Namen, die immer wieder gefallen sind, auch schon vor Jahren.

Übungen im Sandkasten

Dass sich auch Ackermann seine Gedanken macht, ist klar. Nach den Aufräumarbeiten im eigenen Haus sieht er bei der Deutschen Bank auch wieder die notwendige finanzielle Kraft. „Wir haben uns strategische Freiheiten geschaffen“, sagte er Anfang Februar auf der Bilanz-Pressekonferenz seines Hauses. Tatsächlich gibt es in der Deutschen Bank ein Expertenteam, das sich permanent mit „Sandkastenspielen“ befasst. Nach dem Motto: Wer mit wem und was wären die Konsequenzen? „Solche Übungen laufen“, bestätigt ein hochrangiger Vertreter der Deutschen Bank.

Eine feindliche Übernahme in der Bankenszene, da sind sich alle Experten sicher, ist nicht zu machen. Ackermanns Bestreben ist es, die Deutsche Bank vom Niveau eines Übernahmekandidaten wegzubringen. Deshalb will er den Börsenwert steigern. Was ihm bislang seit seinem Amtsantritt im Mai 2002 nur zum Teil gelungen ist. Mit einem Wert von 43 Milliarden Euro gilt die Bank immer noch als leichte Beute. Die Citigroup wird rund fünf Mal so teuer eingestuft.

Aber selbst eine Fusion etwa mit der Citigroup wäre möglicherweise nicht nur politisch heikel, weil sie angesichts von Überschneidungen einen weiteren deutlichen Arbeitsplatzabbau zur Folge haben könnte. Vermutlich würden auch die meisten der 200 Top-Manager nicht mitmachen, weil sie mit der Kultur der Citigroup nicht leben wollen. Überhaupt würde es den Erwartungen der Mitarbeiter an Ackermann nicht entsprechen. Sie erwarten von ihm, dass er die Eigenständigkeit der Bank stärkt.

Warum aber wäre die Deutsche Bank als Übernahme- und Fusionskandidat überhaupt interessant? Vor allem wegen ihres internationalen Geschäfts. Im Investmentbanking und in der Vermögensverwaltung rangiert sie mittlerweile mit an der Spitze oder unter den Top 5.

Andererseits würde sich ein Käufer Probleme in Deutschland aufhalsen: Das Privatkundengeschäft läuft nicht rund, das Image der Bank und ihres Vorstandssprechers ist vor allem durch den Mannesmann-Prozess schwer angekratzt. Außerdem ist die Konkurrenz in Deutschland groß, was die Gewinne drückt. Dieter Hein, unabhängiger Bankenanalyst von Fairesearch, sieht vor allem ein Hindernis für eine Übernahme oder Fusion: Die mit 4,7 Prozent viel zu niedrige Rendite der Deutschen Bank, die nicht einmal die Kosten des Eigenkapitals abdecke. „Im internationalen Vergleich ist die Lage miserabel“, sagt Hein. Alle großen Wettbewerber in Europa und in den USA erreichen Werte zwischen 15 Prozent und 25 Prozent. Diese Rendite würde durch die Übernahme der Deutschen Bank massiv geschmälert. Bei 1,4 Milliarden Euro lag der Nachsteuer-Gewinn der Deutschen Bank im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: Bei der Citigroup waren es 18 Milliarden Dollar.

Nicht nur Hein glaubt, dass sich die Konsolidierung im Bankensektor erst einmal auf nationaler Ebene abspielen muss, bevor deutsche Institute interessant werden. Josef Ackermann kann sich um das Thema ohnehin nur eingeschränkt kümmern. Zwei Tage pro Woche sitzt er in Düsseldorf im Gerichtssaal. „Solange der Prozess läuft, passiert nichts“, sagt ein Top-Manager der Bank. „Josef Ackermann hat derzeit andere Sorgen.“

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