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Kassenschlager. Die französische Komödie „Ziemlich beste Freunde“ bescherte Senator 2012 ein Rekordergebnis.

© picture alliance / dpa

Senator Entertainment steckt schon wieder in der Krise: Ziemlich teure Freunde

Der Berliner Filmverleih Senator ist in Schwierigkeiten. Firmenchef Sasse geht – und lässt sich seinen Abschied mit viel Geld versüßen.

Ein Podium, davor fünf Stuhlreihen, der Geruch von Filterkaffee – fertig ist die Traumfabrik. Diese hier heißt Senator Entertainment, und Alptraumfabrik träfe es derzeit auch. Er wolle nichts beschönigen, sagt Aufsichtsratschef Andreas Pres am Montag auf der Hauptversammlung. Das Ergebnis 2013 des Berliner Filmverleihs sei „sehr schlecht“, die Lage „sehr ernst“. Der Verlust von 27 Millionen Euro hat das Grundkapital aufgezehrt. Der Umsatz halbierte sich beinahe. Einem Plus von sechs Millionen vor Zinsen und Steuern (Ebit) im Rekordjahr 2012 stand zwölf Monate später ein Minus von knapp 26 Millionen Euro gegenüber. Ein Sanierungsplan, erstellt von der Beratungsfirma Ernst & Young, soll die Schieflage Stück für Stück bereinigen.

"Ziemlich beste Freunde" war sein großer Coup

Personell hat der Konzern, zu dem neben dem Kinoverleih als Hauptgeschäft auch eine Produktions- und eine Home-Entertainment-Sparte gehören, bereits Konsequenzen gezogen. Helge Sasse, seit mehr als acht Jahren an der Spitze, muss gehen, wie die börsennotierte Senator bereits Ende Mai mitteilte. Mit dem Verleih der französischen Komödie „Ziemlich beste Freunde“ war ihm 2012 ein Coup gelungen. Mehr als neun Millionen Zuschauer lockte der Film in die deutschen Kinos und bescherte dem chronisch klammen Unternehmen nicht nur eine Verdopplung des Umsatzes, sondern auch einen Sprung in die Gewinnzone. Sasse schaffte es jedoch nicht, die positive Entwicklung zu verstetigen. Von den geplanten vier Millionen Zuschauern erreichten die im vergangenen Jahr verliehenen 19 Filme gerade einmal 2,5 Millionen. „Hauptursache war eine zu optimistische Erwartungshaltung mit Blick auf das Zuschauerpotential des Filmportfolios“, heißt es dazu im Geschäftsbericht. Drei Filme schafften es gar nicht in die Filmtheater – ihr Start verschob sich ins laufende Geschäftsjahr. Sasse selbst kommentierte seine wenig glückliche Hand bei der Auswahl der Filme Ende vergangenen Monats nüchtern. „Das Jahr 2013 hat unsere Erwartungen nicht erfüllt. Dafür will … ich die Verantwortung übernehmen.“

Aktionärsschützer sehen sich angesichts des Misserfolgs an schwarze Zeiten der Senator erinnert. Eine Insolvenz hat das 1979 gegründete Unternehmen in den Jahren 2004 bis 2006 nämlich schon hinter sich. Und trotz Erfolgen wie „Das Wunder von Bern“ (2003), „Der Vorleser“ (2009) oder „The King’s Speech“ (2011) waren die Bilanzen eher rot als schwarz. Im aktuellen Fall hat das Kontrollsystem im Unternehmen in den Augen von Aktionärsvertretern erneut versagt. „Mir ist völlig schleierhaft, wie das passieren kann“, sagt Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Offenbar entschied Sasse über Jahre hinweg letztlich im Alleingang, welche Filme eingekauft wurden. Umso mehr sorgte die Abfindung des Managers für Unmut unter den rund 50 anwesenden Aktionären und Aktionärsvertretern. Rund 700 000 Euro soll Sasse bekommen, sein Vertrag liefe noch bis Ende 2017. Es seien harte Verhandlungen gewesen, betont Aufsichtsratschef Pres: Laut Vertrag hätten Sasse rund 100 000 Euro mehr zugestanden. Am Ende habe er auf Bonuszahlungen verzichtet.

Sasse war zu mächtig

Einen Nachfolger für Sasse gibt es noch nicht. Zunächst müsse das am Montag präsentierte Sanierungskonzept im August von einer außerordentlichen Hauptversammlung gebilligt werden, erläutert Pres. Fest stehe aber: So viel Macht auf einem Fleck – wie im Fall Sasse – werde es künftig nicht mehr geben. Über die Auswahl der Filme entscheidet nun neben dem Chef die gesamte Geschäftsführung, insgesamt fünf Leute, wie Finanzvorstand Max Sturm klarstellt. Bis ein neuer Vorstand berufen wird, soll er das Unternehmen kommissarisch führen. Und die eingeleitete Sanierung federführend begleiten.

Dazu zählt unter anderem ein Kapitalschnitt von 2:1, um den Bilanzverlust zu bereinigen. Um in den kommenden Monaten überhaupt liquide zu sein, plant der Konzern, eine Anleihe über zehn Millionen Euro zu begeben. Weitere 16 Millionen Euro soll schließlich eine Barkapitalerhöhung bringen. Eine Schlüsselrolle bei der Sanierung wird den Angaben zufolge die Investmentgesellschaft Sapinda spielen, die bereits sieben Prozent der Anteile hält. 2014 werde ein Übergangsjahr werden, sagt Sturm. „Das operative Geschäft muss trotz der finanziellen Schieflage weitergehen.“ Die Gruppe plant mit 4,6 Millionen Zuschauern und einem einstelligen Millionenverlust. Mehr Eigenproduktionen und besseres Risikomanagement sollen rote Zahlen mittelfristig vergessen machen. Aktionärsschützer bleiben skeptisch. „Sie werden Verständnis haben, dass die Aktionäre derzeit wenig Vertrauen haben“, sagt Kunert in Richtung Aufsichtsrat. Die Aktie, ohnehin nur noch ein Pennystock, büßte zehn Prozent ein.

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