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Wirtschaft: Sie reden wieder

Verdi will mit der Telekom verhandeln – und den Streik nach fünf Wochen womöglich zurückfahren

Berlin - Verdi nimmt die Verhandlungen mit der Deutschen Telekom wieder auf. Das teilte die Dienstleistungsgewerkschaft im Anschluss an eine Sitzung ihrer Großen Tarifkommission am Dienstag mit. „Nachdem erkennbar ist, dass sich die Telekom nach wochenlangem Streik auf Verdi zubewegt, sind wir bereit, uns an den Verhandlungstisch zu setzen“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Lothar Schröder. Die Telekom begrüßte die Entscheidung. Die Verhandlungen sollen bereits am heutigen Mittwoch aufgenommen werden.

Damit kommt wieder Bewegung in die Auseinandersetzung über die künftigen Arbeitsbedingungen von 50 000 Mitarbeitern der Telekom, die der Bonner Konzern in neue Servicegesellschaften ausgliedern will, wo sie für weniger Geld länger arbeiten sollen. In der vergangenen Woche hatte der neue Personalchef der Telekom, Thomas Sattelberger, öffentlich Gesprächsbereitschaft „zu allen Themen“ im Konflikt um T-Service signalisiert. „Verdi hat dies zum Anlass genommen, in Gesprächen mit der Telekom die Ernsthaftigkeit und Substanz dieser Aussagen zu hinterfragen. Sie ist vorhanden“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Schröder.

Für Telekom-Chef René Obermann ist eine Einigung von entscheidender Bedeutung für die Zukunft des Unternehmens. „Die Kapitalmärkte würden es als Reformunfähigkeit der Deutschen Telekom verstehen, wenn wir den Umbau nicht hinkriegen“, sagte Obermann dem Handelsblatt. Ohne den Umbau drohe dem Konzern womöglich eine Zerschlagung. „Wenn uns die geplante Reform nicht gelingt, müssen wir uns mit solchen Szenarien auseinander setzen“, sagte er.

Die Telekom, die im vergangenen Jahr im Festnetz mehr als zwei Millionen Kunden an die Konkurrenz verloren hat, will ihre Personalkosten erheblich senken – um 500 Millionen bis 900 Millionen Euro pro Jahr. Gleichzeitig will die Telekom den Service verbessern und so das Unternehmen wettbewerbsfähiger machen. Personalchef Sattelberger hatte in der vergangenen Woche angeboten, einen „höheren zweistelligen Millionenbetrag“ für einen zusätzlichen Erfolgsbonus zu zahlen. Der Bonus soll abhängig von der wirtschaftlichen Lage der Telekom und von der Kundenzufriedenheit sein. Daneben kündigte Sattelberger auch neue Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Service an.

Die Gewerkschaft hatte immer wieder die Bereitschaft gezeigt, über längere und flexiblere Arbeitszeiten zu verhandeln. Doch dass die Telekom den Beschäftigten weniger Gehalt zahlen will, hat sie immer abgelehnt. „Gegen den Griff in den vorhandenen Geldbeutel der Beschäftigten werden wir uns nach wie vor wehren“, sagte Verhandlungsführer Schröder dem Tagesspiegel. Auch dem von Sattelberger vorgeschlagenen Erfolgsbonus steht der Gewerkschafter skeptisch gegenüber. Eine mögliche Lösung könne aber die Anrechnung künftiger Tarifrunden sein. Das momentane Klima zwischen den Parteien beschrieb Schröder so: „Wir denken, dass sich das Reden wieder lohnt.“

Und die Zeit drängt. Verdi beklagte am Dienstag, dass der Arbeitgeber ebenso „störrisch wie uneinsichtig“ an der Ausgliederung der 50 000 Beschäftigten in die drei neuen Servicegesellschaften festhalte. Die Telekom plant den Start nach wie vor zum 1. Juli. „Wir wollen alle Chancen nutzen, bis zu diesem Termin eine Verhandlungslösung zu erreichen“, sagte Schröder dem Tagesspiegel. Die Informationsschreiben über den Betriebsübergang sollten ursprünglich in dieser Woche an die Mitarbeiter verschickt werden. Wenn die Telekom bereit sei, die Schreiben zurückzustellen, „ist Verdi bereit, für die Dauer der Verhandlungen die Arbeitskampfmaßnahmen stufenweise deutlich zu reduzieren“, kündigte Schröder an. Eine Deeskalation des Konfliktes setze jedoch einen erfolgreichen Verhandlungsverlauf voraus.

Der Streik war am Montag in die fünfte Woche gegangen. Zuletzt waren täglich etwa 16 000 Mitarbeiter der Telekom im Ausstand, mehr als 2000 davon in Berlin. Das hat zu erheblichen Verzögerungen bei der Auftragsannahme und der Beseitigung von Störungen geführt.

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