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So viele Biere: 5500 verschiedene Sorte haben deutsche Brauer in ihrem Sortiment.

© Jens Kalaene/dpa

Sinkender Bierkonsum in Deutschland: Durststrecke für heimische Brauereien

Die deutschen Brauer haben in der ersten Jahreshälfte weniger Bier verkauft als im ersten Halbjahr 2014. Die Schuld geben sie dem Wetter und der Fußball-WM im vergangenen Jahr. Ganz anders ist die Tendenz bei den Craft-Bieren.

2014 war ein wunderbares Jahr für die deutsche Seele. Ein warmer Sommer, lange Nächte im Biergarten oder auf dem Balkon, dazu jede Menge Fußball – und Bier. Die Nation und ihre Fußballmannschaft feierten den Weltmeistertitel, die Brauerbranche feierte mit. Doch der Rausch ist nun vorbei. Am Freitag meldete das Statistische Bundesamt, dass der Bierabsatz in den ersten sechs Monaten dieses Jahres gesunken ist. Nur noch 46,9 Millionen Hektoliter und damit 2,1 Prozent weniger als in der ersten Hälfte des Vorjahres haben die deutschen Brauer an den Mann oder die Frau gebracht.

Vor allem im Inland ist der Durst auf Pils oder Export gesunken. Das ist bitter, denn der Großteil des Geschäfts wird in der Heimat gemacht. Mehr als 80 Prozent des Biers, das in Deutschland gebraut wird, wird auch in Deutschland getrunken. Dass der Absatz zwischen Flensburg und Passau um 2,7 Prozent zurück gegangen ist, schmerzt die deutschen Brauer. Dass zugleich der Export nach Übersee um mehr als elf Prozent gestiegen ist, spricht zwar für das Ansehen des deutschen Reinheitsgebots in der globalen Trinkerwelt, rettet aber nicht die Bilanzen der Brauer.

Keine Katerstimmung bei Brauereien

Denn die leiden schon seit Längerem unter dem sinkenden Bierdurst der Deutschen. Seit Jahren geht der Bierabsatz in Deutschland zurück, um durchschnittlich ein bis zwei Prozent, sagt Günter Birnbaum von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Das Bier leidet unter dem demographischen Wandel. „Die Jungen trinken weniger oder gar nicht“, weiß Birnbaum. Nur wenn Manuel Neuer & Co. für Partylaune und Bierduschen sorgen, ist Deutschland bei Alt und Jung ein einig Biertrinkerland.

Von Katerstimmung ist beim Deutschen Brauer-Bund dennoch nichts zu spüren. „2014 war ein Ausnahmejahr“, sagt Geschäftsführer Holger Eichele und spricht vom kurzen Winter, dem guten Wetter im Frühling und Frühsommer sowie der Fußball-WM. Leider habe das Wetter vielen Brauern im ersten Halbjahr 2015 einen Strich durch die Rechnung gemacht. „Jetzt hoffen wir auf einen sonnigen Sommer und einen milden Herbst“, betont Eichele.

Die Wettervorhersagen dürften ihm und seinen Verbandsmitgliedern Mut machen. Immerhin soll der Sommer jetzt nach Deutschland zurückkehren. Nicht nur das. Was den Brauern auch Hoffnung gibt ist, dass immer mehr Menschen zu alkoholfreien Bieren und Mischgetränken greifen. In der Bierstatistik des Bundesamts tauchen diese nicht auf. Dabei ist der Markt in Deutschland seit 2010 um über 50 Prozent gewachsen, freut sich Eichele. Rechnet man noch das Malzbier hinzu, haben die Brauer im vergangenen Jahr 6,3 Millionen Hektoliter alkoholfreier Biere abgesetzt – ein wachsender Markt. Viele Brauer versuchen zudem, in neue Geschäftsfelder einzudringen, so wie Veltins oder Krombacher mit ihren Fassbrausen.

Jeden Tag ein neuer Tropfen – 15 Jahre lang

Dennoch stehen die Großen unter Druck. Im vergangenen Jahr verhängte das Bundeskartellamt Bußgelder, weil viele Anbieter ihre Preise abgesprochen hatten. Der Rüffel der Wettbewerbshüter traf die Branche in einer Zeit, in der viele Anbieter ihre Preise heraufsetzten. Seitdem, so sagt Marktbeobachter Birnbaum, hat sich einiges getan. Während die überregionalen Brauer im ersten Halbjahr 2015 leichte Preisrückgänge hinnehmen mussten, waren Craft-Biere gefragt. Die lokalen Biere, in kleinen Mengen gebraut, finden immer mehr Liebhaber, die auch bereit sind, tiefer in die Tasche zu greifen. „Die Preise für Craft-Biere sind gestiegen“, weiß der GfK-Experte, verglichen mit den nationalen Marken sind sie deutlich teurer.

Vor allem in Ballungszentren wie Berlin sind die lokalen Biere gefragt. Und auch der Wissensdurst der Berliner ist schier unerschöpflich. Beliebt sind Führungen und Braukurse, wie sie etwa Braumeister Thorsten Schoppe im Brauhaus Südstern anbietet. Und manch einer kommt nach der Exkursion auf den Geschmack, selbst Bier zu brauen. Brausets gibt es im Internet, das Ergebnis ist jedoch meist enttäuschend: „Das Gebräute enttäuschte geschmacklich“, heißt es in einem aktuellen Test der Zeitschrift „Öko-Test“.

Die 1352 deutschen Brauer wird das freuen. Sie sehen ohnehin keinen Grund fürs Homebrewing und verweisen auf ihr reichhaltiges Angebot von 5500 verschiedenen Bieren. Jede Woche kommt ein neues hinzu. „Deutsche Biertrinker könnten rein rechnerisch mehr als 15 Jahre lang jeden Tag ein anderes Bier probieren – und müssten keines zwei Mal kosten“, sagt Eichele.

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