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Prokon-Werbung in der U-Bahn. In Zukunft soll im öffentlichen Nahverkehr nicht mehr für Finanzprodukte geworben werden dürfen.

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Exklusiv

Grauer Kapitalmarkt: Staat will Anleger besser schützen

Bundesfinanz- und Verbraucherministerium haben sich auf ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Anlegerschutzes verständigt. Verbraucher sollen umfassender über heikle Geldanlagen informiert werden.

Bundesfinanz- und verbraucherministerium haben sich nach monatelangen Beratungen auf ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Anlegerschutzes auf dem grauen Kapitalmarkt geeinigt. Das Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, soll an diesem Donnerstag von den Ministern vorgestellt werden. Mit besseren Informationen, mehr Transparenz für die Anleger, Vertriebsbeschränkungen für riskante Finanzprodukte und erweiterten Aufsichtsinstrumenten sollen die Anleger künftig besser vor heiklen Anlagen wie etwa den von der Firma Prokon ausgegebenen Genussscheinen geschützt werden. Mehr als 74000 Anleger hatten ihr Geld in den Windkraftfinanzierer gesteckt, der Insolvenz anmelden musste. Gelockt durch hohe Renditen hatten sie rund 1,4 Milliarden Euro in Prokon investiert. Ein schlechtes Investment, wie sich heute zeigt: Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin schätzt, dass die Anleger zwischen 40 und 70 Prozent ihres investierten Kapitals verlieren könnten.

Graumarktprodukte sind weiterhin erlaubt

Zu einer Radikallösung wie dem Verbot von Graumarktprodukten an Privatleute oder einer umfassenden Kontrolle des Marktes durch die Finanzaufsicht Bafin haben sich die Ministeriumsvertreter, die zunächst auf Arbeits- und dann auf Staatssekretärsebene verhandelt hatten, nicht durchringen können. Stattdessen setzen sie auf einzelne Schritte, mit denen der Schutz des Anlegers verbessert werden soll. So soll in den Verkaufsprospekten künftig die Fälligkeit von bereits begebenen, noch laufenden Vermögensanlagen mitgeteilt werden. „Damit soll der Vorspiegelung einer nicht vorhandenen wirtschaftlichen Produktivität und unzulässigen Schneeballsystemen entgegengewirkt werden“, heißt es in dem Papier. Auch mögliche personelle Verflechtungen im Umfeld des Anbieters sollen künftig verpflichtend aufgelistet werden.

Kunden sollen künftig über Probleme bei Geldanlagen informiert werden

Anders als heute sollen einmal veröffentlichte Verkaufsprospekte zudem nicht unbegrenzt, sondern nur noch maximal zwölf Monate gültig sein. Das soll sicherstellen, dass die dort gemachten Angaben vergleichsweise aktuell sind. Sollten sich die Geschäfte verschlechtern und gar eine Insolvenz drohen, sollen die Unternehmen diese Informationen künftig zwingend in einem Nachtrag auflisten müssen. Ist der Vertrieb bereits abgeschlossen, will die Regierung den Anbieter zwingen, während der Restlaufzeit der Anlage ad-hoc-Mitteilungen zu verbreiten, wenn sich Probleme mit der Zinszahlung oder der Rückzahlung der Anlage abzeichnen.

Keine Werbung für Kapitalanlagen mehr in Verkehrsmitteln

Auch aus den Werbemethoden von Prokon will die schwarz-rote Koalition lernen. Um unerfahrene Anleger zu schützen, soll die Werbung für Kapitalanlagen auf Liftfasssäulen, Plakaten oder in Verkehrsmitteln untersagt sein. Bei erheblichen Bedenken mit Blick auf den Anlegerschutz soll die Bafin darüber hinaus für bestimmte Produkte oder Produktgruppen Vertriebsverbote oder -beschränkungen verhängen können. Außerdem sollen die Wertpapierfirmen bereits bei der Entwicklung eines Finanzprodukts verpflichtet werden, die Zielgruppe ihrer Anlage zu bestimmen und dabei alle Risiken aufzulisten, die für die betroffenen Anlegergruppen entstehen können. Zudem soll für sämtliche Finanzprodukte eine Mindestlaufzeit eingeführt werden. Wie lang diese dauern soll, ist jedoch noch offen.

Wer sich nicht an die Regeln hält, muss mit hohen Strafen rechnen

Neben Vertriebsverboten soll die Bafin künftig auch Warnungen veröffentlichen dürfen, wenn der Anbieter ihre Anordnungen missachtet. Bei Hinweisen auf Missstände soll die Aufsichtsbehörde zudem einen externen Wirtschaftsprüfer beauftragen dürfen, um einen Graumarktanbieter zu durchleuchten. Zudem drohen Firmen, die sich nicht an die Regeln halten, deutlich höhere Strafen: Um die Unternehmen zu einer pünktlichen Rechnungslegung zu zwingen, werden die Bußgelder, die das Bundesamt für Justiz verhängen kann, von 25 000 auf 250000 Euro erhöht.

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