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In einer Villa in Frankfurt hatten die Angeklagten Stephan S. und Jonas K. mit ihrer Firma residiert. Im Februar 2013 stand die Polizei vor der Tür.

© dpa

350 Millionen Euro abgezockt: Staatsanwalt klagt mutmaßliche S&K-Betrüger an

Die S&K-Gruppe steht für einen der größten Anlagebetrugsfälle der letzten Jahre. Mit einem Schneeballsystem sollen Manager zehntausende Anleger geschädigt haben. Welche Rolle spielten die Banken?

100 Terra-Byte Akten und E-Mails. Ausgedruckt auf Papier würde das der Strecke Frankfurt am Main nach Rom entsprechen. 1100 dicke Leitz-Ordner für das Gericht, eine 3150 Seiten lange Anklageschrift, deren Verlesung vor Gericht mehrere Tage in Anspruch nehmen wird. Ein Schaden von etwa 350 Millionen Euro, zehntausende von geschädigten Anlegern, die im Schnitt 20.000 Euro, oft aber deutlich mehr verloren haben. Und sieben Angeklagte der Frankfurter Immobilien-Anlagefirma S&K, die am Ende mit bis 15 Jahren Haft rechnen müssen.

Es ist eine der größten Anlage-Betrugsfälle der letzten Jahrzehnte, den der leitende Oberstaatsanwalt Albrecht Schreiber am Dienstag mit der Anklageschrift präsentierte. "Das ist ein ganz außerordentliches Verfahren, das absolut aus dem Rahmen fällt." Und an deren Ende, die allermeisten der bundesweit geschädigten Anleger wohl mit leeren Händen dastehen.

Im Frühjahr und Sommer 2012 waren die Ermittlungen gegen die beiden heute 33 und 35 Jahre alten S&K-Firmengründer, die in einer noblen Villa an der Frankfurter Kennedyallee residierten, aufgrund eine Anzeige wegen Geldwäsche-Verdacht und Aussagen einer ehemaligen Mitarbeiterin in Gang gekommen. Mitte Februar 2013 flog S&K auf, die Beschuldigten kamen in Untersuchungshaft, in der sie heute bis auf einen noch sitzen.

Ein Geflecht aus 150 Unternehmen mit 2200 Konten

Der Vorwurf: Schwere Betrügereien und Untreuehandlungen. Unterstützt wurden die S&K-Gründer der Anklage zufolge von einem Rechtsanwalt, zwei Unternehmern aus Hamburg, einem weiteren Unternehmer sowie einem weiteren Manager von S&K. Allen halten die insgesamt vier mit dem Fall befassten Staatsanwälte schweren banden- und gewerbsmäßigen Betrug und Untreue oder Beihilfe dazu vor.

Dabei sind allerdings noch längst nicht alle mutmaßlichen Täter erfasst. Weitere vier Nebenbeteiligte hat die Staatsanwaltschaft im Blick dazu 21 Firmen, die das kriminelle Treiben unterstützt haben sollen. Gegen weitere 140 Personen - Gutachter, Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und S&K-Mitarbeiter - wird noch ermittelt. Insgesamt gehörten zu S&K 150 Firmen, die rund 2200 Bankkonten unterhielten.

Statt zwölf Prozent Rendite gab es Schrottimmobilien

Seit 2008 hatten die beiden Firmengründer, so die Anklage, Stephan S. und Jonas K. mit Schrott-Immobilien gehandelt, die sie zu völlig überhöhten Preisen weiterverkauften. Mit der Zeit änderten sie ihr "Geschäftsmodell": Sie gründeten Immobilienfonds, allerdings nicht um Immobilien zu kaufen, sondern bei arglosen Anlegern mit Renditeversprechen von bis zu zwölf Prozent Geld einzusammeln, mit dem sie ihren luxuriösen Lebensstil mit teuren Villen, Ferraris, Porsches und ausschweifenden Partys mit leicht bekleideten jungen Frauen finanzierten.

Am Ende waren es sechs Fonds, in die die Anleger 140 Millionen Euro einzahlten. Nach Art eines Schneeballsystems wurden Auszahlungen an Alt-Anleger mit dem Geld neuer Anleger getätigt.

Mit der Zeit verlegten sich die Anklagten auf eine neue Masche: Fast 4000 Kunden von Lebensversicherungen brachten sie zur Kündigung ihrer angeblich schlecht verzinsten Policen, das Geld floss ebenfalls in S&K-Fonds. Dazu gründeten sie eigens zwei Aktiengesellschaften in Regensburg und Frankfurt. Auf diesem Weg sicherten sie sich rund 50 Millionen Euro. Schließlich kauften die Angeklagten ab Ende 2011 andere Fondsgesellschaften wie die MIDAS, DCM und SHB, "kaperten" deren Fonds und entzogen ihnen rund 50 Millionen Euro.

Banken finanzierten den Kauf der faulen Immobilien

Bislang haben die Angeklagten nach Angaben von Schreiber die Aussage weitgehend verweigert, Geständnisse gebe es nicht. Den Schaden beziffern die Staatsanwälte auf mindestens 240 Millionen Euro, am Ende dürften es eher 350 Millionen sein. Bislang konnten die Ermittler Vermögenswerte in Höhe von nur 55 Millionen Euro sicherstellen. Möglicherweise ist auch Geld ins Ausland geflossen. Darauf hätten sie keinen Zugriff mehr.

Wann es zu einem Prozess vor der 28. Wirtschaftsstrafkammer des Frankfurter Landgerichts kommt, ist noch offen. Offen, aber sicher eher fragwürdig, lässt Staatsanwalt Thorsten Haas durchblicken, ist die Rolle der Banken, die nicht nur die Konten der Angeklagten führten, sondern auch die Verkäufe von völlig überteuerten Immobilien finanziert hatten.

Die Chance, dass die überwiegende Mehrzahl der geschädigten Anleger, die in vielen Fällen Geld für die Altersvorsorge bei S&K angelegt hatten, auch nur einen Cent wiedersehen, ist nach Ansicht von Schreiber gering. Der Weg über Zivil- und Strafgerichte sei schwierig und langwierig. "Die meisten werden wohl einen Totalverlust hinnehmen müssen".

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