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Kanzlerinschreibtisch. Angela Merkel wird auch künftig kein Arbeitszimmer von der Steuer absetzen können – schließlich stellt ihr der Staat eins zur Verfügung.

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Steuern: Eine Pauschale für das Arbeitszimmer

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die steuerliche Absetzbarkeit könnte es bald ein neues Gesetz geben. Ein CDU-Minister bringt eine Pauschale von 960 Euro ins Spiel.

Berlin - Dass ausgerechnet das Finanzamt Tipps gibt, wie man zu viel gezahlte Steuern zurückholt, ist ungewöhnlich. Seit Freitag enthalten alle neuen Einkommensteuerbescheide, die von den Berliner Finanzämtern verschickt werden, den Hinweis, die Steuerzahler sollten mögliche Ansprüche gegen den Fiskus geltend machen. Adressaten dieser Aufforderung sind alle, die in den vergangenen Jahren mit dem Versuch gescheitert sind, ihr Arbeitszimmer von der Steuer abzusetzen. Oft zu Unrecht, wie das Bundesverfassungsgericht im Juli feststellte.

Seitdem die Verfassungsrichter die geltende Regelung kassiert haben, stehen die Finanzbehörden unter Zugzwang. Denn sie müssen nun alle betroffenen Steuerbescheide korrigieren – rückwirkend ab dem Jahr 2007. „Das geschieht von Amts wegen“, sagt Wolfgang Wawro, Präsident des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg.

Wer die Kosten für sein Arbeitszimmer trotz der geringen Erfolgsaussicht unverdrossen in seiner Steuererklärung aufgelistet hat, erhält automatisch eine Nachberechnung, heißt es bei der Senatsverwaltung für Finanzen. Die Finanzverwaltung Bayern arbeitet derzeit an einem entsprechenden Softwareprogramm, das dann auch den anderen Ländern zur Verfügung gestellt wird. Wer in der Vergangenheit das Arbeitszimmer nicht mehr angegeben hat, muss seine Steuererklärungen jetzt nachträglich durch das Finanzamt verändern lassen, teilt die Senatsverwaltung mit. Unproblematisch ist das in all den Fällen, in denen die Steuerzahler wegen der fehlenden Anerkennung ihres Arbeitszimmers bereits Einspruch gegen ihren Steuerbescheid eingelegt haben. Auch die Steuerbescheide, die mit Blick auf das Arbeitszimmer einen Vorläufigkeitsvermerk enthalten, werden von Amts wegen neu berechnet. Nur diejenigen, die beides nicht haben, können nicht auf einen Nachschlag vom Finanzamt hoffen. „Wenn der Bescheid bestandskräftig ist, haben die Leute Pech gehabt“, sagt Steuerberater Wawro. Doch das ist die Minderheit.

Wer nicht warten will, bis sich das Amt meldet, kann beim Finanzamt die Bearbeitung seiner offenen Verfahren beantragen. Mitte August hat das Bundesfinanzministerium die Ämter angewiesen, die Ausgaben für ein häusliches Arbeitszimmer mit maximal 1250 Euro im Jahr als Werbungskosten anzuerkennen, wenn der Steuerzahler nachweislich keinen anderen Arbeitsplatz hat. Die 1250-Euro-Grenze entspricht der aktuellen Gesetzeslage. Sollte der Gesetzgeber jedoch in den kommenden Monaten eine andere Regelung verabschieden, würden diese Bescheide erneut geändert.

Und das ist gut möglich. Denn Baden-Württembergs Finanzminister Willi Stächele (CDU) schwebt eine jährliche Pauschale von 960 Euro vor. „Pauschale Lösungen sind ein Beitrag zur Steuervernunft“, meint auch Volker Wissing. Der FDP-Politiker leitet den Finanzausschuss des Bundestages. „Für eine Pauschale sind wir grundsätzlich offen“, sagte Wissing dem Tagesspiegel, „aber Pauschalen müssen der Lebenswirklichkeit entsprechen“. Und darüber müssen die Politiker jetzt verhandeln.

In den kommenden Wochen sollen die Arbeiten an dem neuen Gesetz beginnen, und sie sollen möglichst schnell zum Ziel kommen. „Ich kann mir gut vorstellen, die erforderliche Neuregelung schon im Jahressteuergesetz 2010 vorzunehmen“, meint der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Leo Dautzenberg. Der Bundestag will dieses Gesetz Ende Oktober verabschieden, „dann hätten wir schnell Rechtssicherheit geschaffen“, sagte Dautzenberg dem Tagesspiegel. „Dabei werden wir uns alle Möglichkeiten genau anschauen“, kündigte der Finanzpolitiker an.

Ginge es nach dem Koalitionspartner, würden von der Reform möglicherweise noch mehr Steuerzahler profitieren als vom Bundesverfassungsgericht angenommen. Auch Arbeitnehmer, die tagsüber in der Firma, abends zu Hause aber auf eigene Rechnung arbeiten, könnten in den Genuss der Steuerersparnis kommen. Falls ein Arbeitszimmer nötig sei, um steuerpflichtiges Einkommen zu erzielen, müsse man das steuerlich geltend machen können, findet die FDP. „Wer ein Arbeitszimmer braucht, soll die Kosten auch absetzen können“, meint Wissing.

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