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Stiftungswesen: Egoismus schafft nur schlechtes Klima

Gemeinnützige Stiftungen haben Konjunktur: 2009 wurden in Deutschland 914 Einrichtungen neu geschaffen.

In Deutschland gibt es über 17 400 rechtsfähige Stiftungen. Sie dienen ganz unterschiedlichen, aber vor allem gemeinnützigen Zwecken. Ein gutes Drittel davon lässt sich dem Bereich Soziales zuordnen, je 15 Prozent widmen sich Aufgaben in Bildung und Erziehung bzw. Kunst und Kultur, während 13 Prozent im Bereich Wissenschaft und Forschung tätig sind. So wie die 2008 gegründete Fraunhofer Zukunftsstiftung, die die Vorlaufforschung in zukunftsträchtigen Technologiefeldern unterstützt. Die finanzielle Basis dafür stammt aus den Erlösen der MP3-Lizenznahmen, deren Technologie am Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen entwickelt wurde.

Ziele wie Umweltschutz, Entwicklungshilfe oder auch private Zwecke, wie sie meist von Familienstiftungen festgelegt werden, offenbaren eine große Bandbreite – so das Ergebnis einer aktuellen Erhebung des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen. Dabei lassen sich die Satzungszwecke der meisten deutschen Stiftungen wohl am besten mit den Worten sozial, klug, kreativ, neugierig und umweltfreundlich beschreiben.

Gerade gemeinnützige Stiftungen erfüllen dabei in Staat und Gesellschaft eine wichtige Funktion. Denn oft greifen sie soziale Probleme und Missstände auf, lange bevor die Politik auf sie aufmerksam wird. So sind Stiftungen in Zeiten knapper öffentlicher Kassen als wesentlicher Bestandteil der Zivilgesellschaft zur Bewältigung aktueller und künftiger sozialer Herausforderungen nicht mehr wegzudenken. Sie treten als Projektträger, Innovationszentren, Impuls- und Finanzgeber auf. Sie bieten durch ihr bürgerschaftliches Engagement Lösungen für Betroffene und Inspiration für Wissbegierige. Gleichzeitig erzeugen sie durch eben dieses Engagement auch Druck auf die Politik und bringen Themen auf die Tagesordnung, die den Volksvertretern noch nicht bewusst sind. Eine große Herausforderung, die heute von vielen Stiftungen thematisiert wird, ist der demografische Wandel. Wie weitreichend dieser die Gesellschaft verändern wird und bereits verändert hat, sei vielen – auch politischen und wirtschaftlichen Entscheidern – noch gar nicht bewusst, wie Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, meint. Dabei nutzen Stiftungen verschiedene Vehikel, um der Herausforderung zu begegnen. Sei es durch Bildungsprojekte zur Integration von Zuwanderern, Sportprogramme zur Förderung des Austauschs zwischen Jung und Alt oder durch Ausstellungen, um auf die gravierende Binnenwanderung und der damit einhergehenden Verödung ganzer Landstriche aufmerksam zu machen. „Mit dem demografischen Wandel sind ganz verschiedene Probleme verbunden“, so Fleisch. „Ein Aspekt ist, dass der soziale Aufstieg heute nicht mehr so einfach möglich ist. Mehr denn je bestimmt jetzt die Herkunft die Zukunft, was negative Konsequenzen für den Zusammenhalt in der Gesellschaft hat.“

Eine Stiftung, die sich in diesem Zusammenhang der Verbesserung von regionalen Zukunftsperspektiven und der Bewältigung des Fachkräftemangels angenommen hat, ist die 2008 von 19 Unternehmen und Vereinen gemeinsam gegründete SINUS-Stiftung im brandenburgischen Finsterwalde. Sie macht es sich zur Aufgabe, in der Region südliches Brandenburg und Lausitz die berufliche Ausbildung von Jugendlichen mit Kursen, Wettbewerben und Stipendien zu fördern. „Die SINUS-Stiftung reagiert hierbei vorausschauend und nachhaltig auf die Herausforderungen des demografischen Wandels und insgesamt des regionalen Strukturwandels“, wie es in der Satzung heißt. Neben dem demografischen Wandel sei die Globalisierung und die damit verbundene Dynamisierung des Lebens eine weitere gesellschaftliche Herausforderung, meint Stiftungsexperte Hans Fleisch. Europa müsse sich im 21. Jahrhundert neu orientieren und organisieren. Das gelte auch für die USA. „Bildung ist dabei ein Instrument, damit Europa zusammenwachsen kann und die Globalisierung sich nicht negativ auswirkt“, sagt er. Auch Initiativen in den Bereichen Sport oder Kultur können helfen, Brücken zu bauen. Als dritte große Herausforderung bezeichnet Fleisch den Klimawandel. Auch wenn in Deutschland bisher nur vier Prozent der Stiftungen sich allein dem Umweltschutz oder der Nachhaltigkeit verschrieben haben, so haben doch viele in ihrer Satzung neben sozialen Zielen auch den Umweltschutz als Stiftungszweck aufgenommen.

Eine Stiftung, die sich aber ganz dem Klimawandel verschrieben hat, ist die im Januar 2010 vom Klimahaus Bremerhaven gegründete Deutsche KlimaStiftung. Da die Verantwortung für unser Klima nicht allein eine staatliche ist und jeder seinen Beitrag leisten kann, setzt die Stiftung auf „Bildung und Aufklärung durch die Förderung und Organisation von breit gefächerten Veranstaltungen und Projekten im In- und Ausland“ und begründet es damit, dass nur „ein weit verbreitetes Verständnis der Funktionsweisen des Klimasystems sowie der Zusammenhänge und Hintergründe des Klimawandels“ zum freiwilligen und aktiven Handeln anregen. Mit einer für Schüler konzipierten Wanderausstellung, die bundesweit in verschiedenen Schulen gezeigt wird, leistet die Stiftung hierfür einen sehr anschaulichen Beitrag und füllt damit – wie viele andere Stiftungen – eine wichtige Nische.

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