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Wirtschaft: Streik ohne Ende

Betrieb am Frankfurter Flughafen ist mindestens bis Mittwoch früh eingeschränkt / Warum der Schlichter Ole von Beust scheiterte.

Berlin - Wann beginnt die Nacht? Über so eine Frage kann man streiten, manchmal sogar nächtelang. Zum Beispiel die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) mit dem Betreiber des Frankfurter Flughafens, Fraport. Rund 60 Verhandlungspunkte, darunter der Beginn der zuschlagspflichtigen Nachtarbeit, Überstundenzuschläge, Gehaltsstruktur und Tariferhöhungen, wurden im Januar immer wieder diskutiert. Doch selbst der ehemalige Erste Bürgermeister Hamburgs, Ole von Beust, konnte als Schlichter nicht helfen. Das heißt, er hat schon einen Kompromiss vorgeschlagen, der jedoch von der Arbeitgeberseite abgelehnt wurde: Zu teuer. Nun streiken die Arbeitnehmer für die Umsetzung des Schlichterspruchs.

Am Montag fielen nach Angaben von Fraport gut 240 von 1271 Flügen in Frankfurt aus. „Wir müssen das jetzt durchziehen“, hieß es bei der Gewerkschaft der Flugsicherung, die mindestens bis kommenden Mittwoch um 5 Uhr früh streiken will. „Wir haben es immer besser im Griff“, konterte die Flughafengesellschaft. Fraport hat Ersatzkräfte für die rund 200 streikenden Vorfeldlotsen, Einweiser und Disponenten mobilisiert. Zum anderen war das Passagieraufkommen am Rosenmontag etwas geringer als sonst. Wann die beiden Seiten sich wieder zu Verhandlungen treffen, blieb am Montagnachmittag offen. Bereits bei den zahlreichen Schlichtungsterminen war deutlich geworden, wie sich die Kontrahenten verhakt hatten.

Fraport hatte den Schlichterspruch von Beusts abgelehnt, weil der zu Tariferhöhungen um bis zu 70 Prozent führen würde. Diese Angaben werden allerdings in Verhandlungskreisen dementiert. Von Beusts Vorschlag hätte vielmehr zu Tariferhöhungen um 20 bis 40 Prozent geführt, je nachdem, zu welcher Beschäftigtengruppe die Fraport-Mitarbeiter gehörten. Ferner sei für den neuen Tarifvertrag eine Laufzeit von vier Jahren vorgesehen gewesen, was die Kosten der Erhöhungen relativiere. Die Arbeitgeberseite habe anders als die Arbeitnehmerseite nach dem Schiedsspruch kein Interesse an weiteren Verhandlungen gehabt. Der Flughafengesellschaft Fraport gehe es ums Prinzip, sie wolle einer kleinen Beschäftigtengruppe trotz deren einzigartiger Stellung nicht nachgeben. Fraport hat rund 20 000 Mitarbeiter, am Streik beteiligen sich rund 200.

Diesen Umstand nutzte am Montag Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt, um an das Prinzip der Tarifeinheit (Ein Betrieb, ein Tarifvertrag) zu erinnern. Der Arbeitskampf in Frankfurt könne nur stattfinden, weil das Bundesarbeitsgericht Mitte 2010 „die Tarifeinheit als zentrales Ordnungsprinzip unseres Tarifsystems aufgegeben hat“, meinte Hundt. Seitdem darf gestreikt werden, obwohl es in dem betroffenen Betrieb, aktuell also Fraport, einen Tarifvertrag gibt. Aufgrund der veränderten Rechtslage dürfe jede Minderheit „jederzeit versuchen, Sonderinteressen durchzusetzen“, klagte Hundt. Die Arbeitgeber hatten deshalb vor zwei Jahren gemeinsam mit dem DGB einen Vorschlag gemacht, um mit einer Gesetzesänderung das Prinzip der Tarifeinheit zu retten. Die Bundesregierung wollte dem Vorschlag ursprünglich folgen, stellte aber die Bemühungen ein, nachdem die Widerstände einzelner Gewerkschaften gegen geplante Eingriffe ins Streikrecht zu groß wurden. Alfons Frese

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