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Streikdrohung: Lokführer wollen nachlegen

Der Ton bei der Bahn wird schärfer. Ein baldiges Ende des Tarifstreits bei der Eisenbahn wird immer unwahrscheinlicher. Die privaten Konkurrenten brechen die Verhandlungen ab.

Berlin - Ein baldiges Ende des Tarifstreits bei der Eisenbahn wird immer unwahrscheinlicher. Nach dem dritten Warnstreik seit dem 21. Februar drohte die Lokführergewerkschaft GDL am Freitag mit einer Ausweitung des Arbeitskampfes in der kommenden Woche. „Die GDL ist bereit, diese Auseinandersetzung noch länger und intensiver zu führen“, sagte deren Vorsitzender Claus Weselsky. Die Arbeitgeber kritisierten das Vorgehen der Gewerkschaft scharf. Die sechs privaten Bahnunternehmen brachen die Verhandlungen über einen Flächentarifvertrag ab und warfen der GDL vor, nur ihre Macht im Gewerkschaftslager ausweiten zu wollen.

Nach Angaben der Bahn waren hunderttausende Kunden von dem dreistündigen Streik am Freitagmorgen betroffen. Laut GDL fuhren drei von vier Zügen verspätet oder gar nicht, in Ostdeutschland seien es sogar neun von zehn gewesen. In der Hauptstadtregion gab es massive Einschränkungen im Regionalverkehr, vor allem bei der Deutschen Bahn. Bei der Ostdeutschen Eisenbahn fuhren zwischen Berlin-Schöneweide und Königs Wusterhausen keine Züge. Auf den Strecken von Müllrose und Neutrebbin nach Frankfurt (Oder) gab es Ersatzverkehr mit Bussen. Die Berliner S-Bahn war nicht betroffen.

Die Lokführer verlangen von den Arbeitgebern einheitliche Tarifbedingungen für alle 26 000 Lokführer in der Branche und Lohnerhöhungen. GDL-Chef Claus Weselsky begründete den Streik mit einer „Provokation“ durch die Arbeitgeber. Bis einschließlich Montag soll es aber keine weiteren Maßnahmen geben. Die Arbeitgeber hätten das Wochenende Zeit, um ein „ernsthaftes, verhandlungsfähiges Angebot“ vorzulegen, sagte Weselsky. Er will dann zudem das Ergebnis der Urabstimmung über eine Ausweitung des Arbeitskampfs bekannt geben. Möglich seien Streiks, die länger als die bislang üblichen drei Stunden dauern, außerdem will die GDL den Güterverkehr einbeziehen.

Ulrich Weber, Personalvorstand der Deutschen Bahn, nannte den Warnstreik „völlig überflüssig“. Obwohl der Konzern einen „abschlussreifen“ Tarifvertrag vorgelegt habe und um neue Verhandlungen bemüht sei, verweigere sich die Gewerkschaft einem Dialog. Mit der Klage, die Bahn strebe eine Streichung des Weihnachtsgeldes und eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit an, führe die GDL die Öffentlichkeit und ihre eigenen Mitglieder hinters Licht. Dies sei „haarsträubend, abenteuerlich und schlichtweg falsch“. Weber drohte der GDL mit Schadenersatzforderungen. Die Arbeitnehmer schädigten die Bahn bewusst, obwohl diese den größten Teil der Forderungen erfüllen wolle.

Die sechs Privatbahnen brachen angesichts des Arbeitskampfes die Verhandlungen über einen Branchentarifvertrag ab. Abellio, Arriva, Benex, HLB, Keolis und Veolia erklärten, die GDL habe sich bislang keinen Millimeter bewegt und strebe ein „Tarifdiktat“ an. Überdies sei die GDL unaufrichtig, da sie in der Öffentlichkeit weniger fordere als am Verhandlungstisch. „Sie versucht, sämtliche Entgelt- und Arbeitszeitbedingungen der Deutschen Bahn auf die Privaten zu übertragen“, sagte Verhandlungsführerin Ulrike Riedel. Tatsächlich diene der Streik allein dem Zweck, die größere Konkurrenzgewerkschaft EVG  zu verdrängen. „Die GDL versucht, die bislang in der EVG organisierten Lokführer mit einem besseren Abschluss auf ihre Seite zu ziehen. Das verstößt gegen Koalitionsfreiheit und Tarifpluralität“, befand Riedel. Im Januar hatte die EVG mit den Arbeitgebern einen Branchentarifvertrag abgeschlossen, den die GDL aber nicht anerkennt.

Die sechs Privatbahnen forderten die GDL nun dazu auf, in ihren 25 Betrieben jeweils über Haustarifverträge zu verhandeln. Tatsächlich ist die GDL aber nur in der Hälfte der Firmen der zuständige Tarifpartner. Das bedeutet, dass die GDL den von ihr geforderten branchenweiten Lokführer-Vertrag nicht erreichen würde.

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