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Wirtschaft: Stromkonzerne fordern Staatshilfe

RWE-Chef Großmann: Ohne Subventionen kein sauberes Kohlekraftwerk

Berlin – Die Duzfreundschaft merkte man Sigmar Gabriel und Jürgen Großmann nicht an. Wenn die Bundesregierung kein Geld rausrückt, dann wird es kein sauberes Kohlekraftwerk in Deutschland geben, drohte der Vorstandsvorsitzende von RWE. Umweltminister Gabriel wiederum bezichtigte den Strommanager der Träumerei und sozialistischer Gedankenspiele, weil dieser einer Verstaatlichung der Netze das Wort geredet hatte. Nicht der Stromnetze, sondern der CO2-Pipelines, die es möglicherweise einmal in Deutschland geben wird.

Gabriel und Großmann markierten die prägnantesten Positionen auf einer Konferenz über die Zukunft von „CCS – Ein Muss für den Klimaschutz“ am Freitag in Berlin. CCS steht für Carbon Capture and Storage, also die Abscheidung von CO2 im Kraftwerk und die anschließende unterirdische Speicherung, etwa in ehemaligen, ausgebeuteten Gasfeldern. Ohne CCS, da sind sich Wissenschaft, Wirtschaft und Politik einig, hat die Kohle keine Zukunft. Der Brennstoff ist einfach zu dreckig. Vor allem die Braunkohle, die von Vattenfall in der Lausitz und von RWE im Rheinland abgebaut und verstromt wird, enthält viel Kohlendioxid. Vattenfall hat im vergangenen Sommer eine CCS-Pilotanlage beim Kraftwerk Schwarze Pumpe in Betrieb genommen und plant eine größere Anlage in Jänschwalde. RWE will in Hürth bei Köln bis 2015 rund zwei Milliarden Euro in ein CCS-Kraftwerk investieren – wenn die Politik mitspielt.

„Ich erwarte, dass die Bundesregierung kofinanziert. Wenn nicht, dann gibt es keine milliardenschweren Pilotprojekte“, drohte Großmann am Freitag. Allein die Förderung durch die EU, die zwölf CCS-Kraftwerke in den 27 Mitgliedsländern unterstützen will, werde nicht reichen. Und überhaupt: „Das Umfeld, in dem wir uns momentan bewegen, stimmt überhaupt nicht.“ Der RWE-Chef meinte den künftigen Handel mit CO2-Zertifikaten in der EU, der Kohle insgesamt infrage stelle. Und die Unklarheit in Deutschland, was Transport und Speicherung des Kohlendioxids angeht. Wenn sich der Bund beim Aufbau der DSL-Datennetze engagiere, dann sei ähnliches Engagement auch bei der neuen Kohletechnologie erforderlich.

Für Großmann ist es eine „Kern- und Pflichtaufgabe des Staates“, sich am Aufbau der Transport- und Speicherinfrastruktur zu beteiligen. Die Kosten für die Pipelines bezifferte er in Deutschland auf 6,5 Milliarden Euro. Der RWE-Chef will so wenig wie möglich mit der „Klimaschutzpipeline“ zu tun haben. „Wir legen keinen Wert auf den Besitz der Infrastruktur.“

Schließlich müsse die Politik bald per Gesetz den Rechtsrahmen setzen, vor allem für die Speicherung. „Wir erwarten ein Ermöglichungs- und kein Verhinderungsgesetz.“ Ein Gesetz versprach Gabriel noch in dieser Legislaturperiode. Am 18. Februar werde der Entwurf ins Kabinett gehen, müsse aber dann breit diskutiert werden. Die Diskussion werde so geführt werden wie Debatten über die Endlagerung von Atommüll, vermutet der SPD-Minister. Er appellierte an Großmann und die Kohlewirtschaft, sich „viel Mühe“ zu geben in der öffentlichen Debatte, die bevorstehe.

An der Notwendigkeit der Kohle für die Stromerzeugung zweifeln weder Großmann noch Gabriel. Allerdings hat der Umweltminister einen anderen Blick auf die Effekte des Emissionshandels als Großmann. Für Gabriel ist die sukzessive Verteuerung der CO2-Verschmutzungsrechte „die wichtigste Voraussetzung, CCS in Gang zu bringen“. Weil CCS-Kraftwerke eben keine Verschmutzungsrechte brauchen und somit den Strom günstiger produzieren können als herkömmliche Kohlekraftwerke. Für mindestens 40 Jahre – das entspricht der Lebensdauer der nächsten Kraftwerksgeneration – gebe es im Übrigen Speicherkapazitäten in Deutschland.

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