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Tausendundein DEAL (93): Geblendet und geplatzt

Issam nennt sich Doktor, seine Armbanduhr ist schwer, der Stoff seines Nadelstreifens sieht teuer aus: „Ich baue ein Medienunternehmen auf, das in zwei Jahren an die Börse geht“, sagt er. Seit vier Wochen verhandeln wir nun über ein Geschäft, und wenn Issam zu uns ins Büro kommt, parkt er seinen Bentley stets auf dem Bürgersteig vorm Gebäude.

Issam nennt sich Doktor, seine Armbanduhr ist schwer, der Stoff seines Nadelstreifens sieht teuer aus: „Ich baue ein Medienunternehmen auf, das in zwei Jahren an die Börse geht“, sagt er. Seit vier Wochen verhandeln wir nun über ein Geschäft, und wenn Issam zu uns ins Büro kommt, parkt er seinen Bentley stets auf dem Bürgersteig vorm Gebäude. Heute endlich unterschreibt er den Vertrag. Er lässt den Füller mit Goldfeder gleich draußen, um auch den ersten Scheck zu zeichnen.

Dubai bildet den idealen Nährboden für Aufschneider und Blender. Erstens ist fast jeder neu in der Stadt, und so kennt man die Vorgeschichte jedes Einzelnen nicht. Das richtige Auto macht da den ersten Eindruck. Zweitens ist es der Ort des Prestigewettrüstens: Groß wie Häuser sind die Plakate für Luxus-Uhren und Juwelen. Mit einer Plastikuhr am Arm wird niemand richtig ernst genommen. Drittens ist Dubai – noch mehr als andere Business-Städte – eine Männerwelt. Und die müssen sich’s ja schließlich zeigen.

Bino aus Bombay ist ein relativ kleiner Mann, so um die 1,60 Meter groß. Er feiert seinen 36. Geburtstag in einer zweistöckigen Suite des Super-Hotels „Burj Al Arab“. Freunde haben mich mitgeschleppt, also stelle ich mich beim Gastgeber vor. „Angenehm“, sagt der, „ich heiße Bino und habe 52 Millionen“. Als ich ihn höflich nach der Währung frage, dreht er verstimmt ab. Ahmad aus Beirut, der in unserem Gebäude das Nachbarbüro hat, fährt jetzt Porsche und parkt ihn auch am liebsten auf dem Gehweg. Seine Assistentin hat ganz neue Plastik-Brüste und ist immer an seiner Seite.

Sami, ein Deutsch-Syrier mit Event- agentur, erhöht bei jedem Treffen die Zahl seiner Angestellten: „Ich musste schon wieder fünf Leute einstellen, wir sind jetzt 40“, sagte er neulich. Allerdings sind mir auch mindestens fünf Leute bekannt, die seit Monaten auf Geld von Sami warten. Binos Name, so hörte ich zwei Wochen nach seiner Sause, steht jetzt auf der Fahndungsliste: Betrug und Unterschlagung. Ahmad darf nicht mehr in die Vereinigten Emirate einreisen, die Behörden haben sein Büro versiegelt. Und der Scheck von Dr. Issam? Geplatzt! Wie die Illusion, dass wir mit ihm ein Geschäft machen könnten.

Der Autor (46) betreibt eine Medienfirma in Dubai und lebt abwechselnd dort und in Berlin.

Tewe Pannier, ein Geschäftsmann

aus Berlin, erzählt von Arabien

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