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Anja Karliczek (CDU), Bundesministerin für Bildung und Forschung, steht unter Druck.

© dpa

Tollpatschig kommuniziert, chaotisch geplant: Das Versagen von Forschungsministerin Anja Karliczek

Von einer der ambitioniertesten Forschungseinrichtungen profitiert der Wahlkreis der Forschungsministerin. Anja Karliczek hat viel zu erklären. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Alfons Frese

Anja Karliczek kommt aus Ibbenbüren, und Ibbenbüren liegt im Wahlkreis Steinfurt III, den die CDU-Politikerin bei der Bundestagswahl gewonnen hat. Ibbenbüren ist nicht weit entfernt von Münster, wo es an der Westfälischen Universität eine Batterieforschung gibt. Und Münster hat den Wettbewerb von sechs Bundesländern gewonnen, die sich mit teilweise erheblichem Aufwand um eine ambitionierte Institution mit Strahlkraft beworben haben: Die vom Bund mit 500 Millionen Euro gefördert Forschungsfabrik Batteriezelle.

Die Standortentscheidung hat das von der Forschungsministerin Anja Karliczek geführte Bundesministerium getroffen. Auch zugunsten von Ibbenbüren, wo nun ein Kompetenzzentrum Batterierecycling eingerichtet wird. Was für ein Zufall. Die Ministerpräsidenten der unterlegenen Länder Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen haben bei der Bundeskanzlerin protestiert und Angela Merkel aufgefordert, die Standortentscheidung zu überprüfen.

Ulm war der Favorit

Karliczek wäre nicht unter Verdacht geraten, wenn der Favorit Ulm den Zuschlag für die Forschungsfabrik bekommen hätte. Nun hat die Ministerin viel zu erklären. Die tollpatschig kommunizierte Entscheidung für Münster/Ibbenbüren, ohne präzise Erläuterung der Gründe, hat nicht nur Karliczek geschadet. Das ganze Projekt gerät ins Gerede, und die Missstimmung in weiten Teilen der Batterieszene belastet die Zusammenarbeit in dem noch ziemlich jungen Cluster.

Die Notwendigkeit einer international wettbewerbsfähigen Zellchemie hat die deutsche Politik schon vor zehn Jahren erkannt und mit dreistelligen Millionenbeträgen gefördert. Mit Hilfe der Forschungsfabrik soll nun eine weitere Grundlage für erfolgreiche Zellfertigungen in Deutschland gelegt werden, damit insbesondere die Autoindustrie ihre Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten im bevorstehenden elektromobilen Jahrzehnt überwindet.

Für Produktionsstätten hat Wirtschaftsminister Peter Altmaier eine Milliarde an Förderung in Aussicht gestellt. Karliczek und Altmaier hätten zusammen agieren und eine Batteriepolitik aus einem Guss formulieren können, die forschungs- und produktionstechnischen Ansprüchen ebenso genügt wie der regionalen Balance im Föderalismus. Dazu waren beide nicht in der Lage.

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