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Das Münchner Unternehmen Jarmino verkauft Knochenbrühe in Deutschland.

© promo

Trendgetränk aus den USA: Ist Knochensuppe das neue Allheilmittel?

Ganz schön abgebrüht: Knochensuppe soll gesünder und schöner machen. Jetzt wird mit dem Trend aus den USA auch in Deutschland Geld verdient.

Von Maris Hubschmid

In Hollywood reicht es, ein paar Prominenten-Namen zu nennen, um die Daseinsberechtigung eines Produkts zu belegen: Gwyneth Paltrow, Salma Hayek, Shailene Woodley. Die drei Schauspielerinnen schwören neuerdings auf ein Schönheitselixier, das bisherige In-Getränke wie Proteinsmoothies und Kokoswasser eiskalt hinwegspült: „Bone broth“, zu Deutsch: Knochenbrühe, ist der neue Trend aus den USA, und der soll jetzt nach Deutschland schwappen.

Das Mittel gegen alles

So bewirbt das junge Münchener Unternehmen Jarmino gleich mehrere Varianten der Errungenschaft als Lieferanten wertvoller Mineralstoffe und Aminosäuren. Gut für Haare und Gelenke, überdies hautstraffend sei der Knochentrank, vom „Anti-aging-effect“ ist die Rede – zugleich weist der Anbieter auf den niedrigen Kalorienwert hin: Hier liege der „große Vorteil im Vergleich zu oft fruchtzuckerreichen Säften“. Der Berliner Mitbewerber Brox schlägt das Getränk als „ultimativ-gesunden Kaffeeersatz“ vor, sogar noch gesünder sei ihre Version, weil dafür ausschließlich Knochen von Weiderindern verwendet werden. Auch für Kinder eine wertvolle Nährstoffquelle. „Ein Gewinn für alle also!“

Knapp fünf Euro kostet ein Becher

Außer am Firmensitz in der Charlottenburger Goethestraße betreibt das Unternehmen einen Pop-up-Store im Weinbergsweg in Mitte, über dem in feinen weißen Lettern auf elegant schwarzer Markise „Knochenbrühe to go“ steht. Gehoben sind auch die Preise: 3 Euro 90 kostet die Basisvariante, wer geschmacksgebende Zutaten wie Butter und Ingwer dazuwählt, zahlt einen Euro mehr. Ein Schnäppchen gleichwohl verglichen mit New York, wo man schnell mit sieben Dollar dabei ist: Als erste Adresse dort gilt das „Brodo“ im Stadtteil East Village. Dort machen die Becher denen von Starbucks im Straßenbild längst Konkurrenz.

Hühnersuppe reloaded

Wer wolle da noch sagen, Knochensaft klinge eklig? Mal ehrlich: Schon Generationen von Vorfahren haben Rinder- und Hühnerknochen ausgekocht und wussten um deren kräftigende Wirkung. Und hat nicht jeder schon mal Omas Hühnersuppe als Heilmittel genossen? Ein entscheidender Evolutionsschritt hin zum intelligenten Wesen gelang dem Affen, als er es schaffte, Knochen aufzubrechen und so das Mark freizulegen. Markbällchen sind eine echte Köstlichkeit. Und was wäre die Gourmetküche ohne Fonds?

Mit Zugaben wie Kokosöl und Kurkuma wird Hühnerbrühe zum exklusiven Getränk.
Mit Zugaben wie Kokosöl und Kurkuma wird Hühnerbrühe zum exklusiven Getränk.

© imago

Tatsächlich sind die heuer gepriesenen „Bone broths“ nichts anderes als das – Abwandlungen traditioneller Brühe, wie sie in Zeiten des Mangels als Resteverwertung gang und gäbe war und bereits Justus von Liebig in den 1840er Jahren als „Fleischextrakt“ zur Stärkung von Cholerakranken verabreichte. Damals freilich ohne organische Kokosmilch und einen Hauch Zitronengras.

Was lange kocht, wird endlich Broth

Laut Brox macht die Ziehzeit den Unterschied. Während herkömmliche Bouillon drei bis vier Stunden köchele, seien es bei ihnen bis zu 18. Dadurch würden mehr Nährstoffe freigesetzt. Das bestreitet auch keiner, ebenso wenig, dass Knochenbrühe ein gesundes, eiweißhaltiges Lebensmittel ist. Der tatsächliche Gesundheitswert allerdings hänge stark von den Zugaben ab, betonen Wissenschaftler: Sellerie, Zwiebeln und Lorbeer zum Beispiel. Dass das herausgelöste Kollagen gleich vom menschlichen Körper als Baustein aufgegriffen wird um Haare, Haut und Nägel zum Strahlen zu bringen, ist höchst fraglich. Und von besonders salzhaltigen Erzeugnissen raten Ernährungsexperten insbesondere Kindern und Herzkranken ausdrücklich ab.

Gut, aber nicht genial

„Knochenbrühe ist unverzichtbar für ein gesundes Verdauungs- und Immunsystem“, urteilt das Portal Paleolifestyle. Das ist Quatsch. Die meisten von uns haben es schließlich auch ohne bis hierhin geschafft. Und die guten Inhaltsstoffe, wie Calcium, Magnesium oder Proteine finden sich in zahlreichen anderen bekannten Lebensmitteln. Nüsse, Quark, Broccoli: Heiße Anwärter für das nächste Superfood.

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