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Was bleibt hängen? Die Provisionen der Bankberater bleiben vermutlich auch künftig im Dunkeln.

©  Kitty Kleist-Heinrich

Provisionen bei Bankberatung: Trickreich das Recht unterlaufen

Seit dem 1. August müssen Banken und Sparkassen ihre Kunden über alle Provisionen informieren – die Wirkung ist umstritten.

Gerade hat der Bundesgerichtshof klargestellt: Banken und Sparkassen müssen ihre Kunden seit 1. August über alle Provisionen informieren, die sie beim Verkauf von Wertpapieren von Dritten kassieren. Der Kunde habe ein Recht, auch von versteckt an den Vertrieb gezahlten Geldern zu erfahren. Verschweigt die Bank eine Provision, haftet sie gegebenenfalls. Der praktische Nutzen der verschärften Aufklärungspflicht wird für die Bankkunden aber vermutlich geringer sein als erhofft. „Ob das Urteil mehr Transparenz in der Geldanlage bringt, hängt davon ab, wie geschickt die Banken sind“, sagt Marc Gericke, Anwalt für Kapitalmarktrecht und Spezialist für Provisionen. Banken hätten die Rechtsprechung bisher schon „trickreich ausgenutzt und sie werden das wieder tun“.

Möglich ist dies, weil die Provisionsfrage nicht durch ein Gesetz, sondern nur durch unzählige Urteile, also Richterrecht, geregelt ist. Die Folge: Zwar besteht bereits seit Jahren die Pflicht zur Offenlegung von manchen Provisionen, doch umgesetzt wird sie nur lückenhaft, wie ein Marktcheck der Verbraucherzentrale (vzbv) belegt hat. Neu ist nun: Banken müssen Kunden nicht mehr nur über „Rückvergütungen“ wie Ausgabeaufschläge bei Fonds und „Kick-Backs“ (fortlaufende Zahlungen von der Fondsgesellschaft) informieren, sondern auch über Innenprovisionen – also einen Vertriebslohn, der nicht direkt erkennbar ist und aus dem Anlagevermögen herausgerechnet wird. Geflossen sind versteckte Provisionen laut Gericke vor allem bei geschlossenen Fonds, mit denen Anleger zum Beispiel auf Immobilien, Windparks oder Schiffsbeteiligungen setzen und für den Vertrieb oft zehn bis 15 Prozent der Anlagesumme abzweigen müssen. Manche Banken, etwa die Commerzbank, räumen ein, dass versteckte Provisionen an vielen Stellen geflossen seien, verweigern aber konkretere Informationen. Künftig haben Bankkunden ein Recht auf Offenlegung.

Verbraucher soll vor Falschberatung geschützt werden

„Die Offenlegung ist außerordentlich wichtig, denn sie macht dem Kunden deutlich, was er für die vermeintlich kostenfreie Beratung am Bankschalter tatsächlich zahlt“, sagt Dorothea Mohn, Bankenexpertin beim vzbv. Klar werde nun, welchen Anreiz ein Berater habe, ein bestimmtes Produkt zu verkaufen. Wer für 20 000 Euro Fonds verkauft, erhält bei einem Ausgabeaufschlag von fünf Prozent eben 1000 Euro als Belohnung, bei zwei Prozent 600 Euro weniger. Der Kreditwirtschaft wird seit langem vorgeworfen, sie verkaufe den Kunden nicht das am besten geeignete Produkt, sondern jenes, für das die höchsten Provisionen flössen. Völlige Transparenz sei daher der „erste richtige Schritt“, um den Verbraucher vor Falschberatung zu schützen, hofft Mohn. Zwar werde die Beratungsqualität an sich damit nicht verbessert, doch ermögliche die Offenlegung dem Kunden, das Angebot eines bestimmten Produkts zu hinterfragen. Ziel bleibe dennoch das komplette Verbot von Provisionen wie in Großbritannien und Holland, wo Banken und Berater Wertpapiere nur noch gegen direktes Honorar verkaufen dürfen.

Mit zwei Tricks entzogen sich die deutschen Banken bisher der Pflicht zur Offenlegung. Erstens war die Pflicht zur Offenheit auf „Kommissionsgeschäfte“ beschränkt, also den Verkauf fremder Wertpapiere auf Rechnung des Kunden, für den Dritte der Bank eine Provision zahlten. Kauft die Bank dagegen auf eigene Rechnung und reicht die Papiere dem Kunden zu einem höheren Festpreis weiter, wird aus der Provision plötzlich eine Gewinnspanne, die verschwiegen werden darf. Praktisch alle Banken deklarierten deshalb Kommissionsgeschäfte zumindest teilweise als „Festpreisgeschäfte“.

In einer Umfrage des vzbv zu dieser Praxis bei 128 Instituten verweigerten 103 Banken eine Antwort, 20 Banken räumten ein, sie verkauften im Festpreismodus. Auch viele Sparkassen und die Commerzbank, zum Beispiel, arbeiten laut Sprecherin Marion Denner mit dieser Methode. Zu konkreteren Informationen, etwa darüber, bei welchen Produkten genau Innenprovisionen fließen und ob der Kunde nach dem neuen Urteil stets erfahren werde, welche Provisionen er zahle, waren weder die Bank noch der Zentrale Kreditausschuss, die Dachorganisation aller Banken, Sparkassen und Volksbanken, bereit. „Wir klären bereits jetzt umfassend über Provisionen auf“, so das offizielle Statement. Alles Weitere stehe in den Produktunterlagen.

Die Assekuranz hat ein Gesetz zur Offenlegung verhindert

Der zweite Trick besteht laut Anwalt Gericke darin, für die Anlageberatung eigene Tochtergesellschaften zu gründen, damit aus angestellten Bankberatern freie Finanzberater zu machen und die Aufklärungspflicht auszuhebeln. Grundlage ist ein BGH-Urteil aus dem Jahr 2012, das freie Berater von der Offenlegungspflicht ausnimmt. Besonders die Sparkassen und die Postbank, so Gericke, beschritten diesen Weg gerne. Ob das neue Urteil hier ein Umdenken erzwinge, sei „Auslegungssache“. Gericke empfiehlt Bankkunden, nach den geflossenen Provisionen zu fragen, die Antwort im Beratungsprotokoll festzuhalten und bei Ausflüchten die Bank zu wechseln.

Bestehen sollte der Kunde auch beim Kauf von Investmentzertifikaten auf eine Offenlegung. Ob das vom Urteil gedeckt ist, ist strittig. Denn Zertifikate arbeiten nicht mit Provisionen, sondern ebenfalls mit Gewinnmargen. Aus Sicht der Verbraucherschützer ist es jedoch unerheblich, wie ein Vertriebsanreiz zustande komme. Bei Versicherungen übrigens, wo sehr hohe Provisionen gezahlt werden, wird es auch künftig keine Transparenz geben. Eigentlich sollte der Kunde ab 2015 erfahren, welchen Lohn ein Vermittler für den Abschluss einer Police erhält. Auf Druck der Branchenlobby kippte die Bundesregierung die gesetzliche Neuregelung.

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