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Wirtschaft: Tücken des Alltags

Berlin-Brandenburg auf dem Weg zur Leitmetropole für Elektromobilität.

Berlin - Die Hauptstadtregion will die „europäische Leitmetropole der Elektromobilität“ werden – doch auf dem Weg dorthin gibt es einige praktische Probleme zu lösen. Darauf wies die Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe, Sigrid Nikutta, am Dienstag beim eMobility Summit hin: „Wir sind einerseits begeistert, aber auch realistisch.“ So komme es für die BVG nicht infrage, „1,7 Millionen Euro für einen Brennstoffzellen-Bus auszugeben, wenn wir einen normalen Bus für 300 000 Euro bekommen“. Nikutta sprach sich zudem dagegen aus, Berlins 100 Kilometer langen Busspuren für Elektrofahrzeuge freizugeben. Schon jetzt seien die Mehrzweckspuren nur „gelegentlich frei“, sie würden von Taxis mitgenutzt und oft auch durch andere Autos blockiert.

Die BVG-Chefin berichtete von ernüchternden Einsätzen alternativer Antriebe: Erdgasbusse seien „zu teuer und verursachen noch mehr Emissionen als Diesel“. Und von 14 Bussen mit Wasserstoffantrieb habe man zehn wegen technischer Defekte zurückgegeben; immerhin hätten sich die übrigen vier als alltagstauglich erwiesen. Nikutta betonte, der öffentliche Nahverkehr sei bereits „der Vorreiter der Elektromobilität“: Straßen- und U-Bahnen führen ausschließlich elektrisch, und dies mache insgesamt 64 Prozent der BVG-Antriebstechnik aus.

Thomas Schwarz, Koordinator für Elektromobilität beim Verband der Automobilindustrie (VDA), forderte eine wenigstens vorläufige Freigabe der Busspuren für Elektrofahrzeuge. Man müsse für potenzielle Nutzer „am Anfang Anreize schaffen“. Im Vergleich zu den 1000 BVG-Bussen und 7000 Taxen in Berlin fielen E-Autos vorerst kaum ins Gewicht.

Daimler will den Einsatz von Brennstoffzellen als Energielieferant für E-Motoren forcieren. Zusammen mit der Linde AG plane man bundesweit 20 Wasserstoff-Tankstellen, sagte Mike Reichert, Leiter von Government Relations Berlin and European Affairs. Die Bundesregierung erwäge den Bau 50 weiterer Stationen. Noch sei „die Infrastruktur ein großes Problem“, sagte Reichert. Die Bedeutung von Firmen-Fahrzeugflotten hob der Leiter der Berliner Agentur für Elektromobilität (eMO), Gernot Lobenberg, hervor: „40 Prozent aller Kfz-Neuzulassungen sind Dienstfahrzeuge.“

Der Energieversorger Vattenfall weitet sein Netz von Ladestationen aus, um die Entwicklung „anzuschieben“. Dabei handele sich aber nicht um ein profitables Geschäft, sagte Oliver Weinmann von der Vattenfall Europe Innovation GmbH: „Das bekommt man nicht refinanziert.“

Berlins Staatssekretär für Wirtschaft und Forschung, Nicolas Zimmer, betonte, die Stadt wolle „an der Spitze der Forschung bleiben“ und beteilige sich deshalb mit bis zu 25 Millionen Euro am Schaufensterprojekt zur E-Mobilität. Man werde den Dialog mit den Hochschulen suchen, es gebe „21 Lehrstühle mit relevanten Themen“. Zimmer stellte zugleich klar, dass konventionelle Autos einen Bestandsschutz genössen und die Landesregierung nicht plane, nur noch E-Mobile in die Innenstadt zu lassen.

Seine Erfahrungen als Kunde schilderte Jörg Welke, Mitarbeiter des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen und Bewohner des neuen „Energieeffizienzhauses Plus“. Im Elektro-Pkw genieße er ein „tolles Fahrgefühl wie im Autoscooter“. Dank eines induktiven Akkuladesystems auf dem Parkplatz komme er sogar ohne Stromstecker aus. Aber: „In einer Stadt wie Berlin braucht man gar kein Auto.“

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