zum Hauptinhalt
Glanz aus Europa. Für Chinas wachsende Mittelschicht sind Premiumautos das Statussymbol schlechthin. Foto: AFP

© AFP

Unbegrenzter Markt: Deutsche Wirtschaft bekommt nicht genug von China

Für deutsche Luxusautos ist China schon der wichtigste Markt. Doch auch andere Produkte aus Deutschland sind im Kommen.

Bier, Brezn, Weißwürste, Obazda – Produkte aus Bayern sind über die Landesgrenzen hinaus geschätzt. Die Brauer im Freistaat etwa haben 2012 so viel ins Ausland verkauft wie nie zuvor. Und es soll noch mehr werden. Dazu braucht es neue Märkte – vor allem China hat Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) ins Auge gefasst. „Große Chancen für die bayerische Ernährungswirtschaft“ hat der Oberpfälzer dort angesichts des gestiegenen Wohlstands ausgemacht. Um dem Geschmack der Chinesen auf die Spur zu kommen, will sich Brunner demnächst höchstselbst ins Reich der Mitte begeben und „neue Türen öffnen“, wie er sagt. Die wichtigsten Kontaktadressen hat er sich nun auf der Grünen Woche schon einmal vom chinesischen Botschafter besorgt.

China, immer wieder China: Die deutsche Wirtschaft kann gar nicht genug bekommen von dem riesigen, immer noch neuen Markt, in dem so viele Verbraucher mit so vielen unerfüllten Wünschen leben. Hinzu kommt, dass traditionelle Absatzmärkte wie Europa noch immer schwächeln, auf Jahre hinaus dürfte der alte Kontinent kaum Dynamik entfalten.

Das bekommen vor allem die Autohersteller zu spüren. 2012 haben sie in Europa so wenig Autos verkauft wie zuletzt im Krisenjahr 1995, das Minus lag bei 16 Prozent. „Europa wird so hart bleiben, wie es ist“, schwant es etwa BMW-Vertriebschef Ian Robertson.

Ganz anders liegen die Dinge im Reich der Mitte. Das Land war im vergangenen Jahr erstmals der wichtigste Absatzmarkt für die deutschen Premiumhersteller Audi, BMW, Porsche und Mercedes. Sie verkauften dort insgesamt 959 000 Neuwagen, so viele wie in keinem anderen Markt der Welt. Das geht aus einer neuen Studie des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. China hat damit die bisher stärksten Märkte übertrumpft: In Deutschland fanden 882 000 Fahrzeuge der Nobelmarken einen Käufer, in den USA waren es 837 000 Autos. Dudenhöffer zufolge dürfte das kein einmaliger Ausreißer gewesen sein – China bleibe in Zukunft der wichtigste Markt für die Deutschen. „Premium wird seit 2012 auf Chinesisch buchstabiert“, urteilt der Experte. 2013 werde die Grenze von einer Million abgesetzter Fahrzeuge fallen. Zum Vergleich: Noch 2005 lag der Gesamtabsatz von BMW, Mercedes & Co. in China erst bei 104 000 Stück. Trotz des enormen Wachstums liegt der Marktanteil der deutschen Hersteller aber erst bei 7,2 Prozent.

Trotzdem sind nicht alle zufrieden. Mercedes kam 2012 nur auf 196 000 verkaufte Autos – das waren nicht einmal halb so viele wie bei Audi (406000) und BMW (326 000). Daimler-Chef Dieter Zetsche will nun eine Aufholjagd starten, dazu hat er einen allein für China zuständigen Vertriebsvorstand berufen. Volkswagen, von Dudenhöffer nicht als Premiummarke eingestuft, kam inklusive Audi auf einen Absatz von 2,8 Millionen Fahrzeugen, das war fast ein Viertel mehr als ein Jahr zuvor.

Dass die Autobranche mit immer neuen Rekorden planen kann, liegt auch an den wieder besseren Konjunkturaussichten. Zum Jahresende hin kam die Wirtschaft wieder in Schwung, nachdem sie 2012 insgesamt das schwächste Jahr seit 1999 erlebt hatte. Das Bruttoinlandsprodukt der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt wuchs insgesamt nur um 7,8 Prozent. Nach einem Tiefpunkt im dritten Quartal mit 7,4 Prozent stieg das Wachstum im vierten Quartal wieder auf 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistikamt nun berichtete. Erstmals legte das Quartalswachstum damit wieder zu, zuvor war die Rate über zwei Jahre beständig kleiner geworden.

Derartige Wachstumsraten wären für entwickelte Industriestaaten gleichwohl kaum denkbar – für ein Schwellenland mit einem großen Nachholbedarf und einer immer noch wachsenden Bevölkerung ist die Größenordnung dagegen beinahe schon zu gering. Die Regierung hatte ein Plus von 7,5 Prozent vorgegeben. Angesichts der mäßigen Entwicklung hatte sie vor allem mittels der Geldpolitik die Wirtschaft stimuliert. Den Rückgang der Nachfrage aus Europa und Amerika nach Waren „Made in China“ konnte dies aber nicht ausgleichen. Zugleich hat sich aber der inländische Immobilienmarkt gefährlich überhitzt.

Ohnehin steht Chinas Art zu wirtschaften in der Kritik. Soziale Sicherheit, Gerechtigkeit und Umweltbelange haben bislang für die Regierung eine eher geringe Rolle gespielt. Das Land müsse sein Wachstumsmodell „stärker auf den privaten Konsum und weniger auf Exporte und Investitionen ausrichten“, empfiehlt etwa Gregor Eder, Chinaexperte der Allianz.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false