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Ungeliebte Kundschaft: Wie Kassen City-BKK-Versicherte abwimmeln

Die rund 168.000 Versicherten der pleitegegangenen City PKK werden von anderen Krankenkassen offenbar häufig abgewimmelt - sie gelten als überaltert und teuer durch hohe Inanspruchnahme von Leistungen.

Berlin - Die Pleite der City BKK macht anderen Krankenkassen in Berlin und Hamburg schwer zu schaffen. Seit Anfang der Woche hätten die AOK-Filialen in der Hauptstadt einen „Riesenansturm“ von Betroffenen zu verkraften, sagte der Vorstandschef der AOK Nordost, Frank Michalak, dem Tagesspiegel. „Allmählich bringt uns das in eine Situation, in der wir selber Probleme kriegen.“

In den rund 20 AOK-Servicecentern seien am Montag bereits in den ersten vier Stunden 1600 Mitglieder der City BKK vorstellig geworden, berichtete Michalak. Und während die Callcenter der Kasse wöchentlich etwa 22 000 Anrufe erhielten, seien es bis Mittwoch 40 000 gewesen. Der Ansturm treffe die AOK weitgehend unvorbereitet, sagte der Vorstandschef. „Wir können jetzt nur reagieren, und da passiert natürlich dann auch der ein oder andere Fehler.“

Versicherte der City BKK beschweren sich seit Tagen darüber, dass viele Kassen versuchen, sie „abzuwimmeln“. So sei ihnen von AOK, Barmer GEK und HEK bedeutet worden, dass es keine Aufnahmekapazitäten mehr gebe, dass sie Nachteile zu erwarten hätten und sich doch lieber eine Betriebskrankenkasse suchen sollten. Umgekehrt versuchen diese, die vorstellig gewordenen Mitglieder der City BKK gezielt auf andere Kassen zu verteilen. So hätten nach Tagesspiegel-Informationen Mitarbeiter der BKK VBU in Berlin-Kreuzberg den Interessenten nicht nur erzählt, dass ihre Kasse „voll“ sei. Sie hielten auch gleich die Eintrittsformulare für AOK, Barmer GEK sowie eine kleine BKK im Schwäbischen bereit und boten sich an, beim Ausfüllen zu helfen.

Die 168 000 Versicherten der City BKK, darunter 92 000 in Berlin, gelten als überaltert und teuer durch die hohe Inanspruchnahme von Leistungen. Ersteres zumindest kann Michalak bestätigen. Seit den Gerüchten über eine Kassenschließung im Februar habe die AOK Nordost etwa 4000 Mitglieder der City BKK aufgenommen, berichtete er. Mit einem Altersschnitt von rund 65 seien diese knapp zehn Jahre älter als ein durchschnittliches AOK-Mitglied. Dass Ältere mehr ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen, ist bekannt. In Hochpreisregionen wie Berlin sei das ein besonderes Problem, sagte Michalak – zumal die Kosten nicht komplett ausgeglichen würden. Bekanntermaßen hat die AOK damit selber Schwierigkeiten – und das schon vor der Pleite der City BKK. Dass man die Erstattungen aus dem Gesundheitsfonds zeitversetzt erhalte, verschärfe das Problem, so der Vorstandschef. Man habe das Bundesversicherungsamt um finanzielle „Übergangslösungen“ gebeten, eine Antwort stehe noch aus.

Um der Probleme Herr zu werden, haben AOK und BKK-Bundesverband alle Kassenverbände für den 19. Mai zu einer Krisensitzung geladen. Thema ist der Umgang mit City-BKK-Versicherten. Vieles sei noch unklar, betonte Michalak. So gebe es zwar die Regelung, dass diese, wenn sie bis zum 15. Juli nicht aktiv werden, in der jeweiligen Vorgängerkasse zu versichern sind. Allerdings war das bei vielen Ostberlinern die Sozialversicherung der DDR. Es könne nicht sein, sagte Michalak, „dass das dann alles nur in Richtung einer bestimmten Kasse geht“.

Die Hanseatische Krankenkasse (HEK), die in Hamburg unter ähnlichem Ansturm von City-BKK-Mitgliedern leidet, forderte inzwischen eine Quotenregelung. „Es wäre ein Gebot der Vernunft, das Problem pragmatisch im Sinne einer Quotenregelung zu lösen“, sagte der Chef des HEK-Versichertenparlaments, Horst Wittrin, dem „Hamburger Abendblatt“. Michalak hält dies für zu weitgehend. Allerdings könne er sich eine Regelung vorstellen, wonach die Versicherten nach einer Kassenpleite zunächst einmal innerhalb derselben Kassenart unterkommen müssten – was im Falle der City BKK die Betriebskrankenkassen wären. Nur auf eigenen Wunsch hin würden die Betroffenen dann auch anderswo versichert.

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