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Plötzlicher Rückzug. Michael Horn ist als US-Chef von Volkswagen zurückgetreten. Der 54-Jährige wird in den USA als ein Beschuldigter der Diesel-Affäre angeklagt.

© REUTERS

US-Chef geht: VW rutscht noch tiefer in die Krise

US-Chef Michael Horn tritt überraschend zurück, der Händlerverband protestiert. Im Konzern soll jeder zehnte Büro-Job offenbar wegfallen.

Was er im Gefängnis zu lesen gedenke, wurde Michael Horn im Oktober vergangenen Jahres von einem Abgeordneten des US-Kongresses gefragt. Die Häme war unüberhörbar, der Schock nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals saß tief, die US-Öffentlichkeit suchte einen Schuldigen – und fand den US- Chef von Volkswagen. Horn entschuldigte sich für den Skandal, wies aber jede Verantwortung von sich. Auch die Konzernführung sei nicht involviert, sagte er. Inzwischen gibt es große Zweifel daran, auch Horn steht als Beschuldigter in der Sammelklage, die beim Distriktgericht in San Francisco eingereicht wurde.

Nun ist der 54-Jährige überraschend zurückgetreten. Ab sofort werde er sich anderen Aufgaben widmen, teilte VW mit. Am Mittwoch hatte das US-Justizministerium die Ermittlungen gegen Volkswagen erweitert, es soll nun auch um Bankbetrug gehen.

Die Hintergründe für Horns plötzlichen Abgang blieben am Donnerstag unklar. Ein Schuldeingeständnis? Eine Kapitulation? Oder schlicht Frust, weil Horn einen neuen Vorgesetzten bekommen sollte? Übergangsweise soll Hinrich Woebcken seinen Job übernehmen. Der frühere BMW-Manager war jüngst zum neuen Chef für die Region Nordamerika berufen worden. Diesen Posten tritt er wie geplant am 1. April an.

Händler beunruhigt vom "Missmanagement"

Bei VW-Händlern stieß der Rücktritt von Horn auf massive Kritik. Der US-Verband der VW-Händler drohte dem Konzern mit Konsequenzen. „Wir sind beunruhigt angesichts des Missmanagements des Skandals und der Folgen, die dies für die Entscheidungen der US-Behörden haben könnte“, teilte die Händler-Vereinigung mit.

Horns Ausscheiden kommt nur wenige Tage vor einem wichtigen Termin des Bezirksgerichts in San Francisco. Richter Charles Breuer hat Volkswagen und der US-Umweltbehörde EPA bis zum 24. März Zeit gegeben. Bis dahin müssen sie mitteilen, ob sie sich auf einen Weg zur Reparatur oder Rücknahme der manipulierten Dieselautos geeinigt haben. In den USA sind rund 580 000 Autos betroffen, weltweit sind es elf Millionen. Während in Europa der Rückruf angelaufen ist, ziehen sich die Verhandlungen mit den US-Behörden hin. Äußerungen von VW- Chef Matthias Müller am Rande der Automesse in Detroit („VW hat nicht gelogen“) hatten für Irritationen gesorgt, in den Medien verschärft sich die Kritik an VW.

Zugleich schlägt sich der Abgas-Skandal auf die – ohnehin schwachen – Absatzzahlen von VW in den USA nieder. Im Februar wurden mit gut 22 000 Fahrzeugen rund 13 Prozent weniger als ein Jahr zuvor verkauft. Damit schnitt VW wie im Januar schlechter als die Rivalen ab.

Rund 3000 Verwaltungsstellen sollen offenbar wegfallen

Die Folgen der Diesel-Affäre könnten auch die VW-Mitarbeiter bald zu spüren bekommen. VW setzt nach Informationen aus Konzernkreisen den Rotstift bei einem Teil des Stammpersonals an. Unter den Mitarbeitern im Haustarif soll in den Büro-Abteilungen außerhalb der Produktion bis Ende 2017 jeder zehnte Job wegfallen. Aufgrund der laufenden Beschäftigungssicherung müsse aber niemand Arbeitslosigkeit fürchten.

Der geplante Stellenabbau der Bürokräfte sei über Personalschwankungen, Altersteilzeit oder die Zuweisung neuer Aufgaben für die betroffenen Kollegen möglich. Es dürfte den Angaben aus Unternehmenskreisen zufolge dabei um gut 3000 Stellen gehen. Ein Konzernsprecher sagte, das bekannte Programm zur Steigerung der Effizienz der Kernmarke VW betreffe alle Bereiche – und damit auch die Personalkosten. Mögliche Wege seien weniger Zeitarbeitsverträge oder etwa „zurückhaltende Einstellungen und Wiederbesetzung freier Stellen“. mit dpa

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