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Unterm Lack. Steuerparadiese gibt es noch viele, vor allem in Asien – doch die Behörden sind auf der Hut.

© Mike Wolff

Vermögen und Vorsorge (5): Steuern sparen, Steuern vermeiden: Sand im Getriebe

Wer Geld im Ausland angelegt hat, muss seit der Finanzkrise mit einem neugierigen Fiskus rechnen. In unserer Tagesspiegel-Serie informieren wir über die besten Formen der Vorsorge.

Wer im Ausland Gelder liegen hat, von denen der deutsche Finanzminister nichts weiß, lebt gefährlich. Seit der Finanzkrise, die in den meisten Industrienationen für höhere Schuldenberge gesorgt hat, ist die Jagd auf Steuersünder intensiviert worden. Das deutsche Gesetz zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung hat vor allem den psychologischen Druck auf Topverdiener und Selbstständige erhöht: Erfährt der Fiskus von einem Konto in einer Steueroase, so darf er Auskünfte verlangen, notfalls sogar Zinseinkünfte schätzen. Gleichzeitig haben sich Länder wie die Schweiz, Österreich, Liechtenstein oder die Kanalinseln Guernsey und Jersey dem politischen Druck gebeugt und sind nun bereit, schon beim Verdacht auf eine Steuerhinterziehung Kundendaten nach Deutschland weiterzugeben.

Auch Steuerparadiese wie die Bahamas, die Caymans oder Panama, die teilweise gar keine Steuern erheben, arbeiten neuerdings bei strafrechtlich relevanten Fällen mit ausländischen Behörden zusammen. Zwar ist ein automatischer Datenabgleich mit Personendaten und Mitteilungen über sämtliche Kapitaleinkünfte, wie er zwischen 23 EU-Staaten üblich ist, auf absehbare Zeit nicht weltweit durchsetzbar. Dennoch glaubt Hans-Lothar Merten, Autor des Buches „Kapitalanlage in Steueroasen 2011“: „Die Ära des Bankgeheimnisses und der Steueroasen ist praktisch vorbei.“

Steuerexperten schätzen, dass weltweit 7,5 Billionen Euro „offshore“, also nicht im Herkunftsland angelegt sind. Die größten Summen liegen auf den Caymans, in der Schweiz, in Luxemburg und auf den britischen Kanalinseln. Deutsche haben Schätzungen zufolge zwischen 500 und 600 Milliarden Euro im Ausland angelegt, davon zwischen 130 bis 220 Milliarden Euro in der Schweiz und etwa 70 Milliarden Euro in Österreich. Dividenden, Zinsen und Kursgewinne werden dem deutschen Fiskus bisweilen vorenthalten. Die Rechtslage ist jedoch, dass Einkünfte, ob im Inland oder im Ausland, mit wenigen Ausnahmen (etwa Gewinne mit physischem Gold oder mit Kunst) in der Einkommenssteuererklärung erwähnt werden müssen. Erwischen die Behörden einen Hinterzieher, sind Strafen zwischen ein paar tausend Euro und zehn Jahren Freiheitsentzug möglich.

Mit Spannung haben Anleger deshalb auch die Eckpunkte des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz erwartet, das kürzlich beschlossen wurde. Allerdings ist bisher nur die erweiterte Auskunftspflicht in konkreten Verdachtsfällen festgezurrt, die zudem nur für neue Fälle gilt. Ungeklärt bleibt, wie mit Altgeldern in der Schweiz verfahren wird, beziehungsweise welche Quellensteuer deutsche Anleger künftig zahlen werden. Die Verhandlungen sollen erst 2011 beginnen. Im Gespräch ist, den Vermögenszuwachs der Gelder rückwirkend für die letzten zehn Jahre mit einem pauschalen Steuerabschlag von 25 bis 35 Prozent zu versehen. Dies würde bedeuten, dass das Auslandsvermögen unter dem Strich um etwa ein Fünftel bis ein Viertel schrumpfen könnte. Auch von künftigen Erträgen deutscher Kunden sollen die Schweizer Banken aller Voraussicht nach eine pauschale Quellensteuer abziehen und an den deutschen Fiskus überweisen. Auch hier ist von 25 bis 35 Prozent die Rede, wobei die Schweiz darauf pocht, dass die Steuer nicht über der deutschen Abgeltungsteuer von 25 Prozent liegen dürfe. In Kraft treten wird die Steuer, so schätzt die Crédit Suisse, frühestens 2012.

Zwar hat sich Deutschland mit seiner Forderung nach einem automatischen Austausch nach EU-Modell nicht durchsetzen können. „Der Erfolg des neuen Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz liegt aber auf jeden Fall darin, dass der deutsche Finanzminister mit einem Batzen Geld rechnen kann“, sagt Merten. 30 bis 40 Milliarden Euro seien durchaus drin. Unklar ist jedoch auch weiter, ob der rückwirkende Abschlag rechtlich auch ein Ablass, also eine Steueramnestie und somit ehemals schwarzes Geld damit reingewaschen wäre. Die Bundesregierung lehnt dies ab. Viele Steuerberater raten ihren Mandanten deshalb, nicht auf konkrete Beschlüsse zu warten, sondern Selbstanzeige zu erstatten. Dies ebne den Weg in die Steuerehrlichkeit – allerdings nur, wenn sich der Steuersünder vor Entdeckung der Tat an die Behörden wende, sagt Michael Bormann, Berliner Fachanwalt für internationales Steuerrecht. Dass deutsche Behörden CDs mit gestohlenen Kundendaten gekauft haben, hat bereits zu Tausenden Selbstanzeigen geführt. Klar ist mittlerweile jedoch, dass die Schweiz wie auch Liechtenstein jegliche Amtshilfe für Fälle ablehnen, die im Zusammenhang mit deutschen CD-Ankäufen ans Licht kommen könnten.

Zu regeln sein wird ab 2011 auch, ob Zinsgewinne aus Festgeldern oder Anleihefonds einerseits und Erträge aus anderen Anlagen wie Aktien unterschiedlich zu behandeln sind. Denn dank der Brüsseler Zinsrichtlinie zweigen EU-Länder mit strengem Bankgeheimnis wie Österreich, Luxemburg und Belgien, aber auch Drittländer wie die Schweiz , Monaco, San Marino, Andorra und Liechtenstein seit 2005 15 Prozent, seit 2007 20 Prozent und ab 2011 35 Prozent der Erträge direkt an der Quelle, also beim Anleger, ab. 75 Prozent davon werden anonym an die Finanzbehörden in den Heimatländern der Anleger überwiesen. Als Gegenleistung gibt es zwischen diesen Ländern und Deutschland keinen automatisierten Informationsaustausch. Alternativ kann der Anleger den Banken dieser Länder aber erlauben, Daten über Kapitalerträge personalisiert nach Deutschland weiterzuleiten, dann entfällt die Quellensteuer.

Doch selbst wer sie zahlt, hat noch nicht seine Steuerlast abgegolten, denn der deutsche Fiskus pocht auf den Progressionsvorbehalt. Dies bedeutet, dass der im Ausland steuerfreie Teil der Einkünfte zum inländischen steuerpflichtigen Einkommen addiert wird und somit die Steuerlast erhöht. Im Schnitt, rechnet Merten vor, werden Auslandsanlagen damit mit 15 Prozent besteuert – und damit niedriger als heimische Gelder. Doch die Karawane zieht weiter. In den letzten vier bis sechs Monaten seien 60 bis 70 Milliarden Euro nach Singapur geflossen, sagt Merten. Das südostasiatische Land habe ein funktionierendes Bankgeheimnis, zudem gebe es keine Abkommen mit Deutschland. Ein gefragtes Ziel deutscher Gelder seien auch Hongkong oder Panama. Mehr als einen Zeitvorsprung, so prognostiziert der Oasenexperte, werde ein Transfer deutschen Anlegern aber nicht bringen.

Das begleitende Heft "Vermögen und Vorsorge" in sechs Teilen finden Sie am jeweiligen Erscheinungstag im gedruckten Tagesspiegel. Am 28. November erscheint die letzte Folge der Serie: Vererben, verkaufen, verschenken.

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