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Geld - Euro

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Deutsche Millionäre: Vermögend und verschwiegen

Eine Spenden-Initiative der Superreichen ist in Deutschland schwer vorstellbar – hier bleibt man diskret.

Berlin - Jedes Jahr werden in Deutschland 200 bis 300 Menschen zu Millionären. Die Öffentlichkeit erfährt davon wenig. Die glücklichen Lebensumstände, Erfolgsgeschichten oder Zufälle werden von den Betuchten – Boston Consulting zählte im vergangenen Jahr 430 000 Dollar-Millionäre in Deutschland – selten an die große Glocke gehängt. Wer durch Erbschaft, Geschäfte oder Heirat zu Vermögen kommt, bleibt diskret. Wie Theo Albrecht, der jüngst verstorbene Aldi-Gründer, dessen Leben als Unternehmer und Wirken als Stifter ein Geheimnis blieb.

„Über Geld zu reden, hat in Deutschland etwas Anrüchiges“, erklärt einer aus dem Club der Millionäre, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. „Ob, wie viel und an wen man spendet, darüber wird zu oft nur hinter Stiftungsmauern oder in privaten Netzwerken gesprochen.“ Eine medienwirksame Initiative wie die der 40 US- Milliardäre um Microsoft-Gründer Bill Gates und Investor Warren Buffett, die mindestens die Hälfte ihres Vermögens für wohltätige Zwecke geben wollen, ist in Deutschland schwer vorstellbar und ruft skeptische Reaktionen hervor. Ein Grund: Deutschland habe ein anderes Sozialstaatsmodell als die USA, wo vieles als private Aufgabe definiert wird, was man hierzulande in die Verantwortung des Staates übergibt. Der Stiftungsexperte Ekkehard Thümler, der in Heidelberg über Strategien gesellschaftlichen Engagements forscht, hält es zum Beispiel für problematisch, wenn auch im gemeinnützigen Sektor wirtschaftliche Logik Einzug hält – ohne demokratische Kontrolle. Andere befürchten, dass die selektive Wahrnehmung der reichen „Mega- Stiftungen“ Hilfsprojekte vernachlässigt, die staatliche Unterstützung brauchen.

Ein anderer Grund für die öffentliche Zurückhaltung: die Angst vor Neiddebatten. „Die Vermögensungleichheit hat in Deutschland zugenommen – das weckt Begehrlichkeiten“, sagte ein Vermögender. Arm und Reich driften auseinander – das belegt die jüngste Untersuchung des Sozio-Ökonomischen Panels des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Danach wächst nicht nur die Anzahl Ärmerer und Reicherer immer weiter – seit zehn Jahren werden ärmere Haushalte auch immer ärmer. Und: Gemessen an ihrem Vermögen steigern die Reichsten der Bevölkerung kontinuierlich ihren Anteil am Gesamtvermögen. Ein Prozent Superreiche vereinigen inzwischen ein Viertel allen Vermögens auf sich.

Ein Anlass für die Deutsche Welthungerhilfe, die Initiative der US-Milliardäre zu begrüßen und auf die Suche nach superreichen Spendern zu gehen. Eine kostenfrei für Medien erhältliche Anzeige „Bill Gates sucht Nachfolger“ solle auch hierzulande Reiche zum öffentlichen Wirken und Spenden motivieren, erklärte die Hilfsorganisation am Freitag in Bonn zum Start ihrer Kampagne „Welt 3.0“.

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