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Wasserschlacht: Ende Juni war die Yorckstraße nach heftigem Regen überflutet.

© picture alliance / Stephanie Pil

Versicherungsbranche zieht Bilanz: „Schwere Stürme, große Hitze, starke lokale Überschwemmungen“

2019 haben die Versicherer insgesamt weniger für Naturkatastrophen gezahlt als im langjährigen Durchschnitt. Entwarnung geben sie dennoch nicht. Im Gegenteil.

Auf den ersten Blick klingt es paradox: Trotz des Klimawandels haben die deutschen Versicherer im Jahr 2019 weniger Geld für Schäden durch Naturgefahren bezahlen müssen. Stürme, Hagel und Starkregen kosteten sie 3,2 Milliarden Euro, wie der Versicherungsverband GDV am Freitag in Berlin mitteilte. Das entspricht in etwa dem Niveau des Vorjahres, allerdings lag auch 2018 schon unter dem langjährigen Durchschnitt von rund 3,7 Milliarden Euro.

Im Vergleich zum Vorjahr haben sich die Ausgaben für zerbeulte und zerstörte Autos, die Opfer von Sturm, Hagel, Blitz oder Überschwemmungen geworden sind, zwar auf rund eine Milliarde Euro fast verdoppelt, allein die Unwetterserie zu Pfingsten kostete die Autoversicherer rund 350 Millionen Euro. Äste, die auf Dächer fallen, Hagelkörner, die Windschutzscheiben zerschlagen, sind ein Fall für die Kaskoversicherung, die allerdings nicht jeder Eigentümer hat.

Vor allem ältere Fahrzeuge sind oft nicht gegen Naturkatastrophen versichert. Die Halter bleiben in solchen Fällen auf den Schäden sitzen. Trotz der gestiegenen Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr lagen die Schäden an Autos, die die Versicherer begleichen mussten, aber immer noch um rund fünf Prozent unter dem langjährigen Schnitt von 950 Millionen Euro im Jahr.

Voll gelaufene Keller: Viele Hausbesitzer sind gegen Überschwemmungen nicht versichert.

© dpa

Noch glimpflicher kamen die Sachversicherer davon, die Hauseigentümern oder Mietern Schäden am Haus oder am Hausrat ersetzen müssen. Obwohl die Stürme „Dragi“ und „Eberhard“ im März Verwüstungen und Versicherungskosten von 500 Millionen Euro angerichtet hatten, mussten die Versicherer insgesamt nur 2,2 Milliarden Euro für Sturm-, Hagel- und Starkregenschäden zahlen – 500 Millionen Euro weniger als im langjährigen Durchschnitt üblich. Hausbesitzer können sich mit einer Wohngebäude-, Mieter mit einer Hausratversicherung schützen.

Heißt das jetzt, dass der Klimawandel doch gar nicht so schlimm ist wie gedacht? „Die unterdurchschnittliche Bilanz darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es immer wieder heftige lokale Regenfälle mit hohen Schäden gab“, sagte der Präsident des Versicherungsverbands, Wolfgang Weiler. Das Jahr 2019 stehe insgesamt für „einige schwere Stürme, große Hitze und starke lokale Überschwemmungen und ist damit charakteristisch für Extremwetter auch in Deutschland.“

Berlin ist von Starkregen besonders heftig betroffen

Das mussten auch Berliner und Berlinerinnen erleben. Anfang August waren im Wedding 61 Liter Regen vom Himmel gestürzt – in der Stunde. Ein Jahrhundertereignis, wie die Berliner Wasserbetriebe damals mitgeteilt hatten. Der Gleimtunnel, der Prenzlauer Berg und Gesundbrunnen verbindet, ist seit geraumer Zeit Fußgängerweg. Bei heftigen Regenfällen lief der Tunnel regelmäßig voll, Autos wurden weggeschwemmt. Erst im nächsten Jahr soll die Verkehrsverbindung wieder für den Autoverkehr geöffnet werden.

Während Hausbesitzer gegen Sturm und Hagel gut abgesichert sind – 90 Prozent haben eine entsprechende Versicherung –, sieht es bei Starkregen und Hochwasser schlecht aus. Um auch diese Schäden abzudecken, bräuchte man eine Elementarzusatzversicherung zur Wohngebäudeversicherung. Bundesweit haben das aber nur 43 Prozent der Hauseigentümer, in Berlin sind es sogar nur 36 Prozent.

Dabei ist die Hauptstadt statistisch gesehen besonders häufig von Starkregen betroffen. Das hat kürzlich eine Auswertung des Deutschen Wetterdienstes und des Versicherungsverbands ergeben. Danach sind von 2002 bis 2017 in Berlin 131 von 1000 Gebäuden von Starkregen beschädigt wurden. Nur in Sachsen lag der Wert noch leicht höher. An der Spree reichten 27 Starkregenereignisse, um einen Schaden von insgesamt 128 Millionen Euro anzurichten.

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