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Protest gegen Ceta-Abkommen in Berlin.

© dpa

Vertrag unter Vorbehalt: Berlin fordert Nachbesserungen bei CETA-Abkommen

Die EU und Kanada haben auf in Ottawa Verhandlungen zum Freihandelsabkommen CETA beendet. In Europa häuft sich die Kritik - und Berlin fordert Nachbesserungen.

Die Europäische Union und Kanada haben am Freitag auf einem Gipfel in Ottawa den Abschluss der Verhandlungen für das Freihandelsabkommen CETA gefeiert. Ob die Feiern zu früh kommen, wird das weitere Verfahren zeigen. In Europa häufen sich die kritischen Stimmen. Sie fordern ein Nachverhandeln und die Eliminierung der umstrittenen Investorschutzklauseln aus dem Vertragswerk, das als Vorlage für das mit den USA geplante, wirtschaftlich noch bedeutendere Freihandelsabkommen TTIP gilt.

Die EU-Spitze - mit Herman Van Rompuy, Präsident des Europäischen Rats, und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso - erteilte unter anderem Forderungen aus Deutschland, noch einmal über einzelne Teile von CETA zu verhandeln, eine Absage. Van Rompy, Barroso und Kanadas Premierminister Stephen Harper unterzeichneten eine „Gemeinsame Erklärung“, in der es heißt: „Wir feiern das Ende der Verhandlungen“ über das Freihandelsabkommen CETA („Comprehensive Economic and Trade Agreement“).

Barroso: Deutschland habe den größten Nutzen von Ceta

Zu den Aussagen des deutschen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel, Deutschland lehne den vereinbarten Investorenschutz mit Schiedsgericht ab, sagte Barroso, die „Gemeinsame Erklärung“ würde von allen 28 Mitgliedsstaaten einschließlich Deutschlands gestützt. Alle offiziellen Mitteilungen von Deutschland seien bisher zugunsten des Abkommens. Alles andere wäre „befremdlich“, da Deutschland als größte Volkswirtschaft den größten Nutzen von CETA haben werde.

Am Freitag veröffentlichten die EU-Kommission und die kanadische Regierung den CETA-Text, nachdem sie fünf Jahre hinter verschlossenen Türen verhandelt hatten. Zuletzt wurde noch ein politisches Abkommen, das Strategic Partnership Agreement SPA, ausgehandelt, das der Rahmen für die politische Kooperation ist.

CETA soll den Handel zwischen Kanada und EU um 23 Prozent steigern

Kanada und die EU sprechen von einem „wahrlich historischen Augenblick in der Entwicklung der kanadisch-europäischen Beziehungen“. Barroso sagte, CETA werde den Handel zwischen Kanada und der EU um 23 Prozent oder 26 Milliarden Euro vergrößern, Wachstum und Arbeitsplätze schaffen. Es sei gut für die Volkswirtschaft, die Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger. In ihrer Erklärung sprechen sich die EU-Spitze und Harper dafür aus, eine „frühzeitige Ratifizierung“ durch die jeweiligen rechtlichen und politischen Prozesse anzustreben. Barroso sagte, er erwarte, dass CETA 2015 unterzeichnet werde und 2016 in Kraft treten werde.

Die in Europa geäußerten Zweifel, dass CETA tatsächlich unter Dach und Fach ist, erreichten aber auch Ottawa. So bekräftigte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Uwe Beckmeyer, am Vorabend des Gipfels, dass die Investor-Staat-Regeln, die Unternehmen Klagen gegen Regierungen ermöglichen, aus dem Abkommen gestrichen werden müssten. Erst dann könne Deutschland das Abkommen unterstützen. Dies entspricht der Position, die im Bundestag Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vertreten hatte.

CETA-Gegener beklagen, dass Konzerne Schadenersatz fordern könnten

Jahrelang hatte sich in Europa kaum jemand für die CETA-Verhandlungen interessiert. Erst mit der Kritik an dem geplanten TTIP-Freihandelsabkommen der EU mit den USA wurde der Blick auf CETA gelenkt. Vieles von dem, was im Kanada-Abkommen steht, soll in das Vertragswerk mit den USA übernommen werden. Dazu gehören der Investorenschutz und die Einführung eines Schiedsverfahrens bei Streitigkeiten zwischen Investoren und einem Staat. Es ermöglicht Investoren Klagen gegen einen Staat. Die CETA-Gegner beklagen, dass Konzerne Schadenersatz fordern könnten, wenn neue Umwelt- oder Sozialgesetze ihre Gewinne schmälern. Die zweite Streitfrage ist das Gesetzgebungsverfahren. EU-Staaten fordern die Ratifizierung durch die Parlamente der 28 Mitgliedsstaaten und nicht nur durch EU-Parlament und Europäischen Rat.

Während im Parlament CETA gefeiert wurde, demonstrierten draußen einige Hundert Gegner. Zu den Organisatoren der Demo gehörte die deutsche Organisation Campact, die in Deutschland nahezu 400.000 Unterschriften für eine Online-Petition gegen CETA gesammelt hat. Die Ansicht, dass dieser Vertrag endgültig sei, noch bevor die Bürger und die gewählten Vertreter ihn gesehen haben, verletzt „grundlegende demokratische Prinzipien“, meint Scott Sinclair vom Kanadischen Zentrum für Politik-Alternativen.

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